So, Dark Victory auch endlich geschafft. Und der Titel hat es echt nicht verdient, dass man lange für ihn braucht . Der Comic ist großartig und eine würdige Fortsetzung von The Long Halloween.
In Dark Victory wird noch detaillierter der beständige Kampf der Mafia-Familien in Gotham betont, als es in TLH der Fall war. Das weckt nicht nur Nostalgie hinsichtlich meiner frühen Filmleidenschaften (Scorsese & Co.), sondern es lässt Gotham und den Kampf Batmans weit realistischer wirken, als in der regulären Serie. Das hat zur Folge, dass Batmans übliche Schurken zu Nebendarstellern verkommen. Die Geschichte aber entschädigt den Leser dafür allemal. Zudem bekommen wir ja zum Schluss nochmal den vollen Overload.
Loeb hat das Kunststück vollbracht, über 2 Miniserien die Anfänge eines dennoch schon erfahreneren Batmans mit der Männerfreundschaft Gordon->B-Man->Dent, die Entstehung von Two-Face und Robin, eine nähere Beleuchtung Selina Kyles, die mafiösen Strukturen Gothams und eine Vielzahl persönlicher Beziehungsgeflechte darzustellen, ohne den roten Faden oder den Spirit des Batmanmythos zu verlieren. Das ist ganz großes Kino. Nach allem, was man sich so zusammenspinnt, scheint Matt Reeves ja etwas Ähnliches auf der Leinwand vollbringen zu wollen. Ich werde so doll die Daumen drücken, bis ich mir die Zeigefinger breche, dass das klappt.
Nach dem Lesen habe ich Dark Victory noch zwei weitere Male durchgeblättert, um meinen ersten Eindruck zu überprüfen. Der war/ist, dass DV eigentlich die bessere Story ist als The Long Halloween. Loeb scheint routinierter zu arbeiten. Irgendwie erscheinen mir Dialoge und Zwischenzeilen-Dynamik detaillierter und ausgefeilter. Ich habe auch mehr kleine Highlights für mich gefunden.
Zum Beispiel einen 2-Seiten-Dialog in Us Nr. 7 zwischen Alfred und Batman in der Bathöhle. Alfred bleibt gegenüber dem ruppig, abweisenden Batman standhaft und arbeitet sich Wort für Wort an den Dunklen Ritter heran, um ihn daran zu erinnern, dass jeder Mensch Fehler macht und jeder Mensch Unterstützung/Andere braucht. Das bietet ein paar tolle, intime Momente. Z. b. einen verbissenen Batman der in seiner Hilflosigkeit ein "Ich darf nicht irren!" zwischen den Zähnen herausquetscht. Oder Alfred, der die vertrauliche Diskussion am Ende nochmal zusammenfasst: "Das einzige Problem beim Alleinsein, Master Bruce, ist das Alleinsein."
Wirklich beeindruckend war für mich die Entwicklung von Tim Sale. Meiner Meinung nach gibt es viel mehr erinnerungswürdige, eindrückliche Panels als in TLH; manchmal richtige Moneyshots. Vor allem Batman wirkt besser in Szene gesetzt (das Catwomankostüm und den Joker finde ich bei Sale immer noch schwierig) und es gibt Szenen mit ihm und Gordon oder Dick Grayson, die so atmosphärisch schön gestaltet sind, dass sich Sale keine Sekunde vor Jim Lee verstecken muss.
Damit wäre Dark Victory eigentlich der bessere Comic aber er braucht mMn zwingend den Vorgänger. Davon abgesehen gehört er zu den großen Geschichten im Batmankosmos, neben den Miller-Klassikern, The Killing Joke und The Long Halloween selbst. Bravo.
P. s.: Ich habe jetzt erst gelesen, dass die Animated-Umsetzung von The Long Halloween ein Zweiteiler wird. Gottseidank! Hoffentlich wird's eine Adaption á la Dark Knight Returns.
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