Der Schelmenroman
pikaresker Roman / pikarischer Roman / Pikareske
Der Schelmenroman (nach spanischen Vorbildern) bildet eine Sonderform des Abenteuerromans,
in dessen Mittelpunkt der Schelm (Picaro) steht, der in der Ich-Form seine
mannigfaltigen Erlebnisse und Schicksale aus der Perspektive des sozial Unterprivilegierten
erzählt. Dabei steht der Held im Dienste verschiedener Herren. Er arbeitet mit
List und oft auch mit unerlaubten Machenschaften. Die verschiedenen Gesellschaftsschichten,
mit denen der Held in Berührung kommt, werden kritisch beleuchtet. Daher
besteht eine Nähe zur Gesellschaftssatire.
Merkmale des Schelmenromans sind:
· Ich-Erzählung: Lebensbericht als Selbstrechtfertigung
· Zurücktreten des Autors hinter einen meist naiv wirkenden Ich-Erzähler und
dadurch unangreifbar gegen alle Vorwürfe, da Erzähler vermeintlich beschränkt
· Meist starke autobiographische Prägung des Erzählten
· Verzicht des Autors auf moralische Wertungen dessen, was der Erzähler sagt
oder tut
· Retrospektives Erzählen aus der Warte eines weise gewordenen Beobachters
· Verknüpfung des individuellen Lebensweges mit der offiziellen Geschichte
· Prinzip der additiven Reihung, wobei die verschiedenen Episoden nur durch
den Helden verbunden sind
· Dominanz der Geschehnisse
· Derber Realismus (bes. auch im sexuellen Bereich)
· Sicht der Welt aus der niederen Perspektive des Ich-Erzählers („Froschperspektive“)
· Ausschnitthafte Weltsicht als Folge der eingeengten Erzählperspektive
· Aufwachsen des Helden ohne elterliche Erziehung und daher keine Übernahme
des Wertesystems der Gesellschaft
· Oft Unklarheit bezüglich der väterlichen Abstammung des Helden
· Überwiegend negative Weltsicht
· Stete Sorge des Helden um seinen Lebensunterhalt
· Überwiegen komischer und satirischer Elemente
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