Ich weiss ja nicht, in welche Richtung Du das gedacht hast, aber...
Die Vorgeschichte:
Das 'Problem' mit dem Internet ist mMn vor allem ein generelles Problem der Digitalisierung. Im Mittelalter haben Mönche in Klöstern gesessen und Buchstabe für Buchstabe, Bild für Bild, Bücher 'von Hand kopiert'. Das war mühsam und zeitaufwändig und es gab nur wenige Menschen, die die Möglichkeit hatten, überhaupt Kopien herzustellen (ob diese Kopien legal oder illegal waren sei mal noch aussen vor).
Noch in den 70er und 80er Jahren haben die Kids Musik auf 'Cassetten' kopiert: Die Herstellung von solchen Kopien benötigte 'Echt-Zeit' und war je nach Art der Herstellung und der verwendeten Quellen mit Qualitätsverlust verbunden: Die Älteren werden sich vielleicht noch erinnern, mit dem Mirkrophon vorm Lautsprecher des Familien-Fersehers im Wohnzimmer gehockt zu haben, den Auftritt der Lieblingsband bei Ilja Richters DISCO aufnehmen wollend und bei späterem Abhören war dann doch im Hintergrund der Ruf der Mutter 'Abendbrot ist fertig!' zu hören... Schon damals war diese Kopier-Möglichkeit in der Diskussion, weil 'die Industrie' meinte, durch das Aufnehmen von Musik aus Radio und Fernsehen, durch das Überspielen von Schallplatten auf Casetten und deren anschliessendem Tausch auf dem Schulhof, entgingen ihnen Einnahmen. Was grade rückblickend beurteilt, Unsinn war: Was einem lieb und teuer war, das hat man sich 'original' gekauft, das Aufgenommene diente der Verbreitung, dem Bekanntwerden, war quasi Werbung, die zum Kauf von Originalen führte (die einem allein deshalb schon lieber waren, weil man nicht ewig vorspulen musste, um ein bestimmtes Lied gezielt hören zu können) und eine Unterlassung der Aufnahmen hätte nur den 'Besitz' der Musik verhindert, die man sowieso nicht gekauft hätte... Hier waren Kopien längst nicht so mühsam und zeitaufwändig, wie die Buchkopien der Mönche, aber es erforderte einen gewissen Aufwand, benötigte Echtzeit und so hat man sich sehr genau überlegt, was man kopiert, wofür der Aufwand lohnt...
Dies nur als zwei Beispiele dafür, dass immer schon kopiert wurde, aber aufgrund der jeweiligen Umstände und des Verhältnisses von Aufwand zu Nutzen, sich 'Raubkopien' in überschaubaren Grenzen bewegten: Die Einschränkungen der Möglichkeiten, etwas zu kopieren, ergaben quasi einen 'natürlichen Kopierschutz'.
Die Situation heute:
Heutzutage kann aber quasi jeder alles mit nur wenigen Klicks kopieren, konvertieren, vervielfältigen, veröffentlichen und verbreiten. Und das oftmals auch ohne nennenswerten Qualitätsverlust und in Sekundenschnelle. Extremst gedacht, kann das dazu führen, dass nur EINE (legale und den Schöpfer Geld gebracht habende) Veröffentlichung existiert, aber trotzdem JEDER im Besitz des Werkes ist und es nach Belieben und Gutdünken verwenden kann und der Schöpfer keine Kontrolle mehr über seine Schöpfung hat, geschweige denn, von seiner Schöpfung seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Da fangen die Probleme an.
Auf der anderen Seite sind diese neuen digitalen Möglichkeiten aber auch ne Chance: Kreative können ohne grossen Aufwand und ohne Beteiligung von Managern und Verwertungsfirmen ihre Werke selbst veröffentlichen und verbreiten.
Die Konsequenz:
Zu Zeiten des 'natürlichen Kopierschutzes' war es nicht nötig, dass sich 'der Normalbürger' über Sinn, Zweck und Inhalt von Urheberrecht Gedanken macht. So wie es in früheren Zeiten, als die Menschen noch weniger -und wenn dann relativ gemächlich zu Fuss oder per Pferd- unterwegs waren, keine Notwendigkeit für eine detaillierte Strassenverkehrsordnung gab. Heuteztutage, wo Urheberrecht ein 'Massen-Phänomen' ist (in dem Sinne, dass jeder damit zu tun hat oder haben kann), ist es mMn zu allererst notwendig, ein 'allgemeines Bewusstsein' dafür zu schaffen. Solang noch die Denke weit verbreitet ist: Ich kann kopieren/nutzen/verwerten und verbreiten, also darf ich auch kopieren/nutzen/verwerten und verbreiten, solang wird es schwer sein, Regeln und Kontrollverfahren zu finden und durchzusetzen, die den veränderten Möglichkeiten und den daraus resultierende Problemen und Chancen gerecht werden.
Wo verlaufen denn die tatsächlichen Fronten, bzw. wer hat welches Interesse?:
Bei dem Versuch die Problematik in den Griff zu kriegen, sollten vor allem Künstler, Kreative einerseits und die Konsumenten derer Werke andererseits an einem Strang ziehen - denn sie haben letztlich dasselbe Interesse. Alle Versuche der 'Verwertungsindustrie', die früher zwischen Künstler und Kreativem vermittelt hat (und dabei prächtigst verdient), Künstler und Konsumenten gegeneinander auszuspielen, dienen nur der Verschleierung der Tatsache, dass diese ein gemeinsames Interesse haben, die Industrie aber an eben diesem Interesse verdienen will, bisher hat und natürlich weiter haben möchte. Dabei ist es vor allem die zwischengeschaltete, vermittelnde Instanz, die 'Verwertungsgesellschaften', die durch die erweiterten Möglichkeiten der digitalisierten Welt zunehmend überflüssig werden. Und daher natürlich am ehesten ein Interesse daran hat, die Deabatte ums Urheberrecht als Konflikt zwischen Künstler und Konsument darzustellen, damit sie selbst weiterhin zwischen beiden, der lachende (und dran verdienende) Dritte sein kann.
Insofern seh ich -und damit komm ich auf den oben verlinkten Beitrag- die Positionen von Sven Regener einerseits und der Piratenpartei andererseits gar nicht als so 'konfrontativ', wie es hier dargestellt wird (und der 'Strategie' der Verwerter entsprechen dürfte): Regener ist Vertreter der Kreativen, die Piraten-Partei Vertreter der Konsumenten. Die Kreativen wollen vom Ertrag ihrer Kreativität leben können, und das wollen die Konsumenten letztlich auch: Dass die Kreativen vom Ertrag ihrer Kreativtät leben können, denn nur so bleibt eine Situation bestehen, die eine Vielfalt an Kulturgütern hervorbringt (Musik, Film, Literatur, Comic,...), aus der sie dann auswählen können. Wenn niemand mehr Zeit hat (unbezahlte) Musik zu machen, weil er n bezahlten Job erledigen muss, um den Kühlschrank zu füllen, dann 'stirbt' die Musik. Das weiss auch jeder Musik-Hörer. Und deshalb ist er natürlich bereit, den Musiker auch angemessen zu bezahlen.
Der vermeintliche Konflikt Künstler (Regener) vs. Konsument (Piraten-Partei) ist also eigentlich gar keiner. Aber die Verwertungsindustrie reibt sich die Hände, dass hier wieder mal die Strategie aufgegangen ist, die wahren Zusammenhänge zu vernebeln und diejenigen gegeneinander aufzubringen, die eigentlich gemeinsam gegen sie 'kämpfen' müssten. Einigkeit macht stark. Deshalb ist es gut, beim Gegner Zwietracht zu säen, um ihn zu schwächen. Das wusste 50 v. Chr. schon Destructivus in 'Streit um Asterix'...
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