Der Tag hatte so gut begonnen und dann so etwas! Kaum war sie unter dem Stand begraben worden, sprang Ilumbra wieder auf die Füße, zunächst gehockt inmitten der Körbe und unter den Brettern des Standes, welche über ihr zusammengebrochen waren, jedoch so in einander verkeilt, dass die junge Elfe wohlbehalten in einem Hohlraum unter ihnen geblieben war. Sie war einen Augenblick zu überrascht um die Situation richtig einschätzen zu können, hörte nur die Schreie der Sklaven, dann kamen Kampfschreie hinzu und schließlich vernahm sie auch die Schreie sterbender Wesen. Sie sah sich in den Trümmern des Standes nach ihrem Bruder um, doch konnte sie ihn nicht sehen. Offenbar war er nicht mit ihr zusammen in den Stand geschleudert worden – wie auch, hatte er doch etwas näher am Straßenrand gestanden als der Wagen auf einmal ausgebrochen war… War er wirklich ausgebrochen? Fast meinte sie ich daran erinnern zu können, dass der Wagen einen Moment wie von Geisterhand gehoben in der Luft schwebte, bevor er auf der Seite landete, sie weg schleuderte und Soldan unter sich begrub.
Als diese Erinnerung in ihr Bewusstsein zurückkehrte, nahm sie all ihre körperlichen Kräfte zusammen um sich mich einem gewaltigen Ruck von den Körben zu befreien. Allerdings war der Rest des Standes ein wenig schwerer und so brauchte sie durchaus einiges an Zeit um sich zu befreien. Sobald sie freie Sicht hatte und sich einigermaßen bewegen konnte sah sie sich um, schließlich konnte es sehr gefährlich werden, wenn man im Kampf mit der Lage nicht vertraut war. Sie sah den Tumult auf der Straße, Sklaven, die wild auseinander stoben – zu einer anderen Gelegenheit wäre der Waldelfe ein solcher Anblick wohlmöglich eine Genugtuung gewesen, hasste sie doch die Herren dieser Welt aus tiefstem Herzen – doch im Moment bewegte sie mehr die Sorge um ihren Liebsten. Sie wandte den Blick um, ob sie ihn irgendwo erspähte. Die Befreier waren wohl als Mönche getarnt gewesen, denn sie sah einige Kutten umherliegen und von den vielen Ordensbrüdern die zuvor noch den Marktplatz besiedelten, war keiner mehr zu sehen. Vielleicht waren sie auch nur geflohen und hatten ihre Kleidung statt ihres Lebens zurückgelassen?!
Der Wagen lag noch immer auf der Seite, zertrümmert mittlerweile. Noch immer konnte sie Soldan nicht sehen. Entweder er lag irgendwo unter den Trümmern oder er hatte sich befreit und war – so hoffte sie zumindest – unverletzt und klug genug um das Weite zu suchen. Wohlmöglich trog sie auch die Erinnerung und er war gar nicht unter dem Wagen gelandet, sondern wie sie fortgeschleudert? Wieder spähte sie umher, denn sie war sicher, dass er im Zweifelsfall in Sichtweite auf sie warten würde, irgendwo außerhalb des Gefahrenbereiches. Doch nirgends eine Spur von ihm. Vor ihr spielten sich immer noch brutale Szenen ab, entkommene Sklaven wandten sich mit äußerstem Zorn gegen ihre Peiniger – aber auch gegen Passanten und Schaulustige. So sehr Ilumbra den Kampfesgeist der Befreiten schätzte, sie konnten in ihrem Wahn ihr, vor allem aber Soldan gefährlich werden. Sie kämpfte sich nun weiter aus den Trümmern des Standes und fluchte leise vor sich hin.
Sie waren in die Stadt gekommen um Vorräte aufzufrischen und um ihre Waren anzubieten. Das Wetter war nicht schlecht, der Handel lief gut – wenn sie und Soldan gemeinsam auftraten waren die Händler oft so verwirrt, dass sie den Preis nicht allzu sehr drückten. Alles in allem ein Tag um zufrieden zu sein. Eigentlich hatten sie nur noch kurz am Stand mit den Körben verweilt, um den Wagen durchzulassen, bevor sie zu ihrer Hütte zurückkehren wollten. Nun das… Es war wirklich zum aus der Haut fahren! Am Besten suchte sie Soldan und die beiden machten sich so schnell wie möglich aus dem Staub. Sie war im Moment nicht in der Laune, sich mit irgendwelchen Echsen oder sonstigen Wesen anzulegen – eine Tatsache die sie selbst wunderte, denn normalerweise wäre sie vor Zorn explodiert. Doch die Angst um Soldans Wohlbefinden vertrieb alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf. Der Tag hatte so gut begonnen und dann so etwas!
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