Album 3
Vielleicht war ich nach Lektüre der Hälfte des dritten Gin und Fizz-Albums etwas zu voreilig mit den auf die Qualität des dritten Albums bezogenen Worten "happy end", denn wie ich nach Lesen des gesamten Bandes bemerken muss: Die Story stellt nicht vollends zufrieden.Zitat von mir:
Was das inhaltliche des ersten Albums angeht: Da werd ich wohl ein bisschen härter urteilen, aber es gibt ja ein happy end: Band 3
Warum mir drei Viertel der Story gut gefallen:
Die ersten 4 Seiten spielen geschickt mit der Berühmtheit des Schock.
Den Bezwingern des Verbrechers werden Empfänge gegeben; sie genießen Kultstatus oder vielmehr genießen sie diesen nicht, denn sie suchen sich dem durch ihn verursachten Rummel mittels Flucht zu entziehen; die Meldung vom Entkommen des Schock ist dem Fernsehen eine Eilmeldung wert und Zeitungen, die dies verkünden finden reißenden Absatz.
Nun muss auch dem begriffsstutzigsten Leser klar sein: Der Schock spielt in einer anderen Liga als der Ottonormal-Ganove.
Und wie wir alle wissen: Desto schrecklicher der Feind, desto heller scheinen die Helden.
Derweil wird Spannung aufgebaut. Noch bevor wir von der Flucht des Schock erfahren, rekrutieren dessen Helfershelfer Professor von Brumm, sich mit dem Zeichen der Weißen Hand zu erkennen gebend. Dies ist schon längst zu einer Art Trademark des Superschurken geworden.
Noch bevor wir von der Flucht des Schock erfahren scheint es, er spinne sogar vom Gefängnis aus seine Fäden. Zumindest aber ist er unmittelbar danach bereits aktiv. Der Mann verliert wahrlich keine Zeit.
Das erweckt den Eindruck eines genial planenden, sich von keiner Barriere aufhaltenden Meisterhirns, dessen gewisser Konfrontation mit unseren Helden der Leser mit sich von Seite zu Seite steigender Spannung entgegensieht.
Die erhöht sich fraglos durch sein neustes Meisterstück: einem Juwelenraub auf Distanz.
Unsere Helden stehen gemeinsam mit dem Leser ratlos vor dem Rätsel des zerbrochenen Fensters (ein bisschen fühle ich mich ja an König Ottokars Zepter erinnert, aber nur ein bisschen).
Diese scheinbar unüberwindbare Überlegenheit des Bösen bekommt bereits auf Seite 15, Bild 4 Risse, wenn Fizz – obwohl mit der Waffe bedroht – sich nicht im geringsten in Gefahr wähnt.
Sollte die bisher von uns vermutete Höchstgefahr mit solcher Leichtigkeit hinwegzufegen sein oder ist das simple Hybris seitens des Glatzkopfs?
Auf jeden Fall ist es mehr als das auf Seite 37, Bild 5 zur Schau gestellte Selbstbewusstsein Gins.
Nun gut, es stellt sich heraus, dass Fizz mit den Handlangern des Meisterplaners tatsächlich keine größeren Probleme zu haben scheint (Seite 18, Bild 5).
Nur: spricht nicht gerade für allzu sorgfältige Personalpolitik seitens des Schock.
Die Bewerbungskriterien für das Haus Schock scheinen nicht besonders hoch.
Der zweite Raub der Weißen Hand ist ein – sicher schon damals – eher konventioneller Halskettenraub.
Eine Party – das Licht geht aus – ein Schrei – eine der Preziösen vermisst ihren Klunker.
Venedig.
Der Leser wird wie bereits im ersten Band rund um die Welt geschickt.
Das untermauert, das Schock ein international agierender Gangster ist und setzt ihn weiter vom Durchschnitt ab, riskiert aber auch, dass die Geschichte episodenhaft wie im ersten Band wirkt. Gin und Fizz eilen von Verbrechensschauplatz zu Verbrechensschauplatz, nur um immer einen Moment zu spät zu kommen.
Aber o.k., Rosy stoppt noch früh genug indem er der Story eine Wendung gibt: Aus den Jägern Gin und Fizz werden die Gejagten. Bei einer Zollkontrolle werden sie mit ihnen zuvor ohne ihr Wissen zugestecktem Diebesgut ertappt und entgehen durch Flucht der Verhaftung.
Warum mir das letzte Viertel der Story nicht gefällt:
Kleiner Motz:
Zwar verteilt der Schock zu Beginn seines letzten Coups die Karten, die den Gangstern helfen sollen, sich nach begangener Tat problemlos wieder zu finden unter den Augen von Gin und Fizz, wie eine davon jedoch in deren Hände gerät (Seite 44, Bild 9) wird nicht mal mittels Andeutung und nicht mal im Nachhinein (in etwa: "ich habe sie einem der Gangster entwendet") geklärt.
Mit der Selbstverständlichkeit mit der Gin die Karte überreicht, scheint es als habe Schock auch ihnen eine Ausfertigung ausgehändigt.
Großer Motz:
Von Brumm, seine Erfindung und die mit ihr verübten Verbrechen werden mir entschieden zu schnell abgehakt.
Wie langhaar schon bemerkte: es wäre schön, wenn wir das Teil mal gesehen hätten.
Klar, dass wir nach Seite 41, Bild 6 keine halbwegs plausible Erklärung für die Funktionsweise des Geräts präsentiert bekommen konnten, aber durch Darstellung desselben + pseudowissenschaftliches Erklärungsgelaber hätte die "Glaubwürdigkeit" bzw. die von Matbs oft eingeforderte "suspension of disbelief" schon noch etwas gesteigert werden können.
Überhaupt:
das Ende ist mir etwas zu sehr Rucki-zucki.
Nicht, dass die Blitzrehabilitation der beiden Helden mich sonderlich gestört hätte, im Gegenteil: das ein kleiner, aufmerksamer Junge dafür sorgt ist ein netter Einfall, aber das es auch hier – wie im ersten Album – keinen richtigen Showdown gibt, hat mich schon etwas gewurmt.
Mit einem Gegner von der optischen Präsenz des Schock, der zudem noch in vorliegender Geschichte so gut aufgebaut wird, darf man am Ende nicht auf diese Weise umgehen.
O.K., wir wissen alle: auch nach dem Absturz seines Flugzeugs wird uns der Schock erhalten bleiben. Das gibt Hoffnung auf weitere Auseinandersetzungen.
Aber warum nicht schon diese mit einem würdigen Ende ausstatten. Ein physischer oder psychischer Kampf zwischen Gin und/oder Fizz und dem Schock, der zum (scheinbaren) Ableben des Erzganoven führt, sollte schon drin sein.
Stattdessen wird er wie 'ne Tontaube abgeschossen.
So leidet eine ansonsten doch recht gelungene Geschichte an ihrem Ende.
Ich wollte zwar noch mal auf die Zeichnungen zu schreiben kommen, aber da dies eh schon recht lang ist, spare ich mir das für einen anderen Zeitpunkt auf.
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