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Ergebnis 401 bis 425 von 504

Thema: Rezensionen & Besprechungen

  1. #401
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    Jons Marek Schiemann bei comicgate.de über Jessica Blandy 3 – Jalaga! / Ohne Reue, ohne Scham / Satan, mein Verlangen / Satan, mein Verderben von Jean Dufaux und Renaud:


    [...] Das zweite Abenteuer „Ohne Reue, ohne Scham“ ist typisch für die Serie und ihre Herangehensweise, kann also in dieser Hinsicht nicht viel Neues bieten. Jessica erklärt sich bereit, die Autobiographie eines Mafiabosses zu schreiben, wird aber in den blutigen Machtkampf um dessen Nachfolge hineingezogen. Die glatten, schönen, detailreichen Zeichnungen von Renaud kontrastieren erheblich mit der düsteren, brutalen Story. Wie in der ganzen Serie ist der edle Schein nur oberflächlich. Darunter ist alles komplett verdorben, verfault und degeneriert. Die Mafiafamilie gilt als Äquivalent zum Adel mit seinen Erbfolgekriegen und fungiert entsprechend als bestimmendes gesellschaftliches Element. Die Story ist spannend, leidet aber an einem allzu ausufernden Off-Kommentar.

    [...] Das ganze Abenteuer atmet Schwüle und Erotik, aber auch Fäulnis und Gewalt. Der Leser sieht sich unweigerlich in die Handlung gezogen und kann sich den stimmungsvollen Zeichnungen und der spannenden Story nicht entziehen. Die Heldin Blandy begegnet nicht nur den Geistern ihrer Vergangenheit, sondern nimmt den Kampf als Form der Buße auf. Zum Glück erklärt Dufaux nicht viel, sondern deutet nur an, was für den Leser auf eine angenehme Art und Weise sehr irritierend ist. Zunächst fließt die Story so dahin, aber man soll sich nicht täuschen lassen: Unter dem ruhigen Wasser lauern die Alligatoren.

    Wertung: 10 von 10 Punkten

    Beeindruckt mit krassem Realismus und Gesellschaftskritik, auch wenn sich die Themen innerhalb der Reihe wiederholen.
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  2. #402
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    Thomas Wörtche bei culturmag.de über Blutprinzessin von Jean-Patrick Manchette und Max Cabanes:


    Am Ende ist Krieg …

    [...] Die Stärke der Comic-Fassung ist ihre vertrackte Polyvalenz: Einerseits hat man den berechtigten Eindruck, Max Cabanes habe den verschlungenen Plot der Vorlage durch seine klaren, filmisch strukturierten Bilder, Panels und Sequenzen geglättet: Farbverfremdungen für Rückblenden, zunehmende Verdüsterung des Lichtmilieus der Bilder, schnelle Schnitte, viel Dynamik bei reichlich robuster Action usw., wenig erklärender Text & Dialog, eher „autonome“ Bildsequenzen – also alles, was den Comic als Kunstwerk von der literarischen Vorlage emanzipiert.

    [...] Manchette gilt als Ikone der Linken, seine Néopolars als politische Kriminalromane par excellence. Das ist richtig, up to a point. Natürlich hat Manchette immer wieder politische Themen behandelt, die politische Ökonomie hat sein Erzählen immer dominiert und natürlich war für ihn und in seiner Literatur klar, dass „die Systeme“ immer über Leichen gehen, notwendigerweise. Gleichzeitig waren alle seine Romane, auch „Nada“ und eben auch die nach langer schriftstellerischer Pause entstandene „Princesse du sang“ sehr sarkastische Texte, die Zweifel an allem und jedem äußerten und diesen Sarkasmus in die Lakonie des Erzählens selbst gelegt haben. Manchette bricht alle auf der Stilebene mit jeder „Eigentlichkeit“ alles ist ambigue, gebrochen, opak. Ein ideologischer, geschichtsphilosophischer, teleologischer (schon gar nicht im marxistischen Sinn) Vektor auf der Bedeutungsebene ist nirgends sichtbar. Sinnstiftung findet nicht statt. Seine Verachtung der Literatur-Literatur konterkariert Manchette immer mit der besonderen Raffinesse seiner eigenen, ironischen, ausgefuchsten und hochreflektierten Literarizität. Seine Liebe zu „populären“ Formen (die alles andere als wirklich populär sind) wie den Romanen von Donald Westlake und Ross Thomas, seine Affinität zu Comics, zum Jazz und zu Filmen der speziellen Art. Deswegen gestaltet Cabanes die „Blutprinzessin“ auch explizit cinegraphisch, im Gegensatz zu Tardis „grafischer“, abstrahierender Adaptions-Lösung (hier und hier). [...]

    Ross Thomas und Jean-Patrick Manchette sind beide 1995 gestorben, ihr Programm bleibt aktueller denn je, und Comics wie „Blutprinzessin“ halten die Flamme am Brennen.
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  3. #403
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    Marco Behringer bei comicradioshow.de über Blutprinzessin von Jean-Patrick Manchette und Max Cabanes:


    [...] Cabanes hat die Vorlage genial umgesetzt – sein Strich wirkt individuell und stilsicher. Allerdings überrascht er die Leser, indem er nicht auf Genre-übliche Stilmittel wie Schatten und harte (meist schwarzweiße) Kontraste verwendet. Seine detaillierten und leicht nuancierten Zeichnungen passen daher aber besser zu den Abenteuer-Elementen. Der Zeichner setzt oft seitenbreite Panels und kleine Panels ein, wodurch er ein dynamisches Erzähltempo aufrecht erhält.

    'Blutprinzessin' ist ein vielschichtiger Thriller, der weit aus dem Genre-Durchschnitt herausragt. Die zeitgeschichtlichen und sozialkritischen Themen verleihen dem kompromisslosen Noir-Comic einen zusätzlichen Anreiz. Ein kleiner Abzug muss jedoch beim Format gemacht werden: das handliche Buchformat erschwert bei detailreichen kleinen Panels das Lesen. Max Cabanes erhielt für die Adaption von Manchettes Roman den Prix Polar‘Encontre 2010 und den Preis Goéland Masqué 2010 beim Festival Penmarch.
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  4. #404
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    Benjamin Vogt bei comicgate.de über Hot Rock von Donald Westlake und Lax:




    Hot Rock

    von Benjamin Vogt Donnerstag, 29. Dezember 2011

    Die Story des aktuellen Bandes der Noir-Reihe von Schreiber & Leser ist ein veritabler Medienhopper: Ursprünglich Anfang der Siebziger von Schriftteller Donald Westlake als Roman zur Papier gebracht, wurde der Stoff bereits 1972 unter dem Titel Vier schräge Vögel mit Robert Redford in der Hauptrolle verfilmt. Jetzt hat sich der französische Künstler Lax (alias Christian Lacroix) der Ganovengeschichte angenommen und sie als Comic adaptiert.

    Hot Rock erzählt von John Dortmunder, der, gerade als er au dem Gefängnis entlassen wurde, den nächsten großen Coup angeboten bekommt. Für einen afrikanischen Botschafter sollen er und seine Bande einen Smaragd stehlen. Der gut bezahlte Job entpuppt sich jedoch schnell als nicht enden wollender Alptraum – jeder erfolgreich umgesetzte Plan zur Erlangung des Edelsteins zieht weitere, unangenehme Konsequenzen nach sich.

    Lax konzipiert die Handlung als realistische Gaunerkomödie ohne viel Umschweife. Der Leser partizipiert direkt am Vorgehen der Gruppe um John Dortmunder, die auf der Jagd nach dem kostbaren Stein nacheinander ins Museum, in eine Polizeistation und ins Gefängnis einbrechen müssen und damit ihren Aufraggeber immer wieder aufs Neue vor den Kopf stoßen.

    Sehr gut gefallen hat mir in dieser Hinsicht die Aufteilung der Story in die aufeinander aufbauenden Phasen des Diebstahls. Dadurch entsteht nicht nur oberflächlich eine Taktgebung der Handlung, sondern der Comic erhält insbesondere eine gewisse Dramaturgie, die sich zum Teil mit einer tollen Situationskomik paart. So liest sich Hot Rock einerseits als ernstzunehmender und spannender Noir-Thriller, lädt einen aber aufgrund der Storyentwicklung immer wieder zum Schmunzeln ein.

    Überdies kann Lax mit einer überzeugenden zeichnerischen Arbeit punkten. Seine Bilder sind detailliert und auf eindrucksvolle Weise mit satten Pinselstrichen unterlegt. Grafisch ist dem Franzosen damit schonmal ein echtes Schmuckstück geglückt.Das einzige, was mich wirklich gestört hat, sind die Off-Texte, die zwischendurch immer mal wieder die Gedanken von John Dortmunder in der Dritten Person nacherzählen. Das wirkt ingesamt wenig passend, scheinen die entsprechenden Passagen doch 1:1 der Romanvorlage zu entstammen. Und nicht jede vermeintlich coole Plattitüde, die einem verruchten Ganoven in einem klassischen Kriminalroman angedichtet wird, lässt sich in eine ansonsten flüssige und unterhaltsame Comicerzählung nahtlos einfügen.
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  5. #405
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    Michael Nolden bei comicblog.de über Blutprinzessin von Jean-Patrick Manchette und Max Cabanes:


    [...] Starke Charaktere: In diesem Comic-Thriller, adaptiert von Doug Headline nach einem Roman von Jean-Patrick Manchette, sind die einzelnen Figuren regelrecht gegeneinander positioniert. Im übertragenen Sinne: Mit gesenkten Köpfen, bereit, um aufeinander zuzurennen. Jean-Patrick Manchette hat sehr interessante Hauptfiguren kreiert. In Zeiten des Kalten Krieges agieren die Sturköpfe hinter den Kulissen.

    [...] Manchette erschafft mit Ivory Pearl eine Frau, die sich ohne Wenn und Aber ihrem Leben bis zur Erschöpfung hingibt.
    Die grafische Umsetzung der Geschichte von Max Cabanes, der für seine Arbeit den Prix PolarEncontre 2010 erhielt, weiß insbesondere durch die Darstellung der Gefühle ihrer Charaktere zu überzeugen. Gleich der Auftakt gibt einen Vorgeschmack auf die kunstvolle Optik, die Cabanes einzusetzen versteht: Zwei Killer stehen sich gegenüber. Eine Lüge steht im Raum. Keiner verzieht eine Miene. Sie ziehen nur ihre Waffen, Pistole und Machete. Dieses Grundgefühl, er oder ich, ist das unterschwellige Thema der Handlung. In einer Welt, in der bereits ein siebenjhriges Kind zum Spielball wird, zählt ein Erwachsener erst recht nicht.
    Cabanes will Platz für seine Bilder und nutzt jedes Fleckchen auf der Seite aus, in drei, vier, manchmal fünf Reihen. Möglichst viele Blickwinkel zerren die ernsten Gefühle der Figuren ans Licht. Echte Heiterkeit, Freude ist selten. Cabanes errichtet neben den Szenen im kubanischen Dschungel eine sehr realistisch gezeichnete Welt der 50er Jahre. Gauner, Gangster und Geheimagenten sind vornehm gekleidet. Verhandelt wird in feinen Büros und auf Partys, aber es wird auch munter gemordet. Die Optik ist kühl. Heller und rasanter geraten die umfangreichen Sequenzen auf Kuba, wenn der Dschungel des Kalten Krieges auf den echten Dschungel trifft.
    Cabanes legt sich nicht auf eine Strichstärke fest. Zuweilen geraten seine Zeichnungen sehr fein, dann wieder werden Schatten oder Außenlinien sehr grob gesetzt. Die Farbgebung generiert Atmosphäre. Sie ist reduziert, nicht immer mit dem gleichen Realismus eingesetzt wie die Zeichnung. In der Zivilisation ist eher von Abstraktion zu sprechen, während die grüne Hölle treffender koloriert ist und hier auch gerne Farbstimmungen, wie sie in Dämmerungen anzutreffen sind, ausgereizt werden.
    Eine dichte Thrillerhandlung, die allein schon durch ihre Charaktere interessant ist, schließlich aber in eine gnadenlose Jagd mündet, in der es für alle Beteiligten nur ums berleben geht. [...]
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  6. #406
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    Anne Hahn bei weltexpress.info über Unter dem Hakenkreuz 5 – Widerstand von Philippe Richelle und Jean-Michel Beuriot:


    Widerstand - der 5. Band der mitreißenden Reihe Unterm Hakenkreuz ist da!

    Berlin (Weltexpress) [...] Wir erleben den Alltag der Widerständigen gegen die deutsche Besatzung, wie immer wunderbar gezeichnet und nachempfunden. Zunächst verworren mutet allerdings die Geschichte um die Anwerbung von Andre´- Louis als Gestapo-Spitzel an. Wer hält zu wem, wer glaubt wessen Verdächtigungen? Was hat der Botenjunge verraten, der in die Fänge der Besatzer geriet? Katharina ist mittendrin im bösen Spiel von Macht und Verdacht, Intrige und Konspiration. Mitunter wird auf beiden Seiten extrem schnell und brutal gehandelt, mit tödlichen Folgen…

    Martin betrinkt sich in einer düsteren Marseiller Schenke und wartet auf den Marschbefehl. Es regnet und auch der Ausklang der Spitzlegeschichte ist in trüben Tönen gezeichnet, es kann nur schlimmer werden – wir warten gespannt auf die Fortsetzung! Werden sich Martin und Katharina im nächsten Band wiedertreffen?

    Fazit: Auch Band 5 steht auf dem hohen Niveau der ganzen Reihe, düster, beklemmend, großartig!
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  7. #407
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    Christian Endres bei tagesspiegel.de über Blutprinzessin von Jean-Patrick Manchette und Max Cabanes:


    [...] Auch Max Cabanes ist schon eine ganze Weile in der französischen Comic-Szene aktiv. Anfang der 90er hat er dann mit „Herzklopfen“ und „Die Zeit der Halbstarken“ zwei außergewöhnliche Comic-Geschichten vorgelegt. In „Blutprinzessin“ setzt er nun einen ziemlich komplexen und abwechslungsreichen Thriller in Szene, in dem viele Elemente am Rotieren sind: Kindesentführung. Geheimdienste. Waffenhändler. Die allgemeine Krisenstimmung im Kalten Krieg. Zwischen exotischen Schauplätzen im kubanischen Dschungel und rauchverhangenen Pariser Büros entwickelt sich ein packendes Thriller-Drama, das innerhalb vertrauter Parameter die persönliche Ebene zum Schluss ganz verlassen und von geradezu globaler Bedeutung sein wird.

    Cabanes verfolgt – wie zu erwarten – einen völlig anderen zeichnerischen Ansatz als Tardi. Und ganz davon abgesehen, dass das gut zur Story passt und super aussieht, hat ja auch Manchette mit den beiden nur sechs Jahre auseinanderliegenden Büchern zwei völlig konträre Romane abgeliefert. Damit zeigte er, dass auch der französische Krimi bzw. der französische Thriller die Muskeln spielen lassen kann, wenn er denn möchte. Vor allem im zweiten Teil der Geschichte wird richtig Gas gegeben und manch ein Haken geschlagen, präsentiert sich das Ganze als ein actionreicher, verwinkelter Thriller von cineastischer Qualität. [...]

    Beide Comic-Adaptionen, die von der Edition Moderne und dem Verlag Schreiber & Leser im Hardcover präsentiert werden, passen hervorragend zum jeweiligen Stil von Tardi und Cabanes - Tardi an „Blutprinzessin“ hätte nicht wirklich funktioniert, und Cabanes hat sich ebenfalls genau die richtige Vorlage ausgesucht.

    Auf ihre Art beide manchmal etwas sperrig, zeigen „Im Visier“ und „Blutprinzessin“ wunderbar die wahre Bandbreite der von Jean-Patrick Manchette so nachhaltig geprägten französischen Krimi-Gattung, die nicht nur das eigentliche Verbrechen abbildet, sondern vor allem auch die Gesellschaft dahinter - durchaus wie die amerikanischen Vorbilder also, die Manchette übrigens sehr schätzte, aber am Ende dann eben doch auch gänzlich eigen und stets ausgesprochen europäisch.
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  8. #408
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    Janwillem Dubil bei Der Albrecht über Blutprinzessin von Jean-Patrick Manchette und Max Cabanes:


    Wertung: ★★

    Hinter „Blutprinzessin“ steckt geballte Prominenz: Die Vorlage stammt vom populären Krimiautor Jean-Patrick Manchette, visuell umgesetzt wurde sie von dem hochdekorierten Zeichner Max Cabanes und das Skript adaptierte Doug Headline. Letzterer ist allerdings eher für seinen coolen Künstlernamen, als für herausragende Arbeit bekannt. Die Handlung spielt in den 1950ern und beginnt mit der gescheiterten Entführung der siebenjährigen Alba, der Nichte eines mächtigen Waffenhändlers. Auf diesem Ereignis aufbauend, entwickelt sich ein doppelbödiges Intrigenspiel um falsche Identitäten, bei dem der Leser recht schnell selbst nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht. Will er aber auch gar nicht, denn Figuren und Geschichte präsentieren sich dermaßen unspektakulär, dass sich schnell reines Desinteresse einstellt. Die Zeichnungen sind zwar schick, wurden aber für die Veröffentlichung im Buchformat so verkleinert, das Opulenz und Details kaum eine Chance haben. Gepflegte Langeweile also, die zu produzieren es scheinbar großer Namen bedarf.
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  9. #409
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    Da Schuiten ja praktisch einer meiner drei Lieblingszeichner ist, hier die Besprechung zu der wunderbaren Neuedition von Brüsel:

    ... Der Bild-gewaltige Comic ist dabei nur schwer in Worte zu fassen. Es geht in diesem Band um architektonischen und städtebaulichen Größenwahn, um Urbanität und Kulturverdrängung, um die mitunter zerstörerische Kraft von Ideen....
    Komplette Rezi:

    http://www.bluetoons.de/blog/2012/02...-stadt-brusel/
    Formerly known as bluetoons.


    Comics & Graphics - Blog



  10. #410
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    Marco Behringer bei comicradioshow.com über Nestor Burma – Wer einmal auf dem Friedhof liegt… von Léo Malet und Emmanuel Moynot:


    [...] Moynot adaptiert die Krimivorlage gekonnt und orientiert sich bei seinen Zeichnungen stark an Tardis charakteristischem reduzierten Strich. Diese Hommage gelingt ihm zwar recht gut, aber ganz kommt er dann doch nicht an den Altmeister heran. Vielleicht hätte er besser in seinem eigenen Stil zeichnen sollen wie in 'Tod eines Blauwals' (schreiber&leser). Trotzdem merkt man, dass sich der Zeichner in Paris auskennt: vor allem die häufig gezeichneten Häuserfassaden wirken sehr authentisch. Die blassen Farben von L’Yérathel erzeugen die passende Stimmung zur Noir-Story: oft dominiert das Licht der Abenddämmerung und die Farbtöne sind meist gedeckt.

    'Wer einmal auf dem Friedhof liegt…' ist insgesamt ein überdurchschnittlicher Genrecomic. Zwar kommt Moynot nicht an sein Vorbild Tardi heran, aber Fans von Krimi-Rätseln kommen dennoch auf ihre Kosten. In grafischer Hinsicht kann Moynot wie bereits erwähnt mehr. Im Anhang enthält das Buch als Bonusmaterial einen redaktionellen Text über das 17. Arrondissement, also dem Stadtteil, in dem Roman und Comic spielen. Der Leser erfährt darin Interessantes zum lokal-historischen Hintergrund. Außerdem enthalten: eine Karte mit Wegweiser um den nötigen Überblick zu bewahren.
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  11. #411
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    Frank Schmidke bei brutstatt.de über Brüsel von Benoît Peeters und François Schuiten:


    [...]Das kafkaeske Ausgeliefertsein, mit dem er zum hilflosen Spielball wird, ist symptomatisch. Abeels Geschichte ist die eines Getriebenen, der ohne eigenes Verschulden plötzlich vor den Ruinen seiner Existenz steht und versucht, wieder Orientierung zu finden. Als Nebenhandlung sind die Liebesgeschichte mit der Telefonistin und auch der kurz in den Blick gerückte Widerstand zwar nicht sonderlich ausgereift, bereichern die Erzählung aber um einige Auflockerung aus der eher klaustrophobischen Umklammerung.

    Von ungeheurer Kunst und Kraft sind jedoch die Zeichnungen des Francois Schuiten. Es versteht sich fast von selbst, dass gerade die filigranen und ausgeklügelten städtischen Szenarien überzeugen, doch auch die in klassischer belgischer Comic-Tradition gehaltene Erzählstruktur ist stimmig und fesselnd. Das Panneling ist eher traditionell gehalten und lässt in dem großen Format genug Raum für die wunderbaren Bildkompositionen.

    Das Szenario ist vom Modernismus geprägt und man erkennt in den klaren Fassaden der Wolkenkratzer und den schlichten Innenräumen die Anlehnung an Neue Sachlichkeit, Art Deco und Bauhaus, die in der für Brüssel prägenden Zeit nach der Wende zum 20. Jahrhundert ihre Spuren hinterlassen haben. Ein Augenschmaus für sich sind die in schwarz-weiß gehaltenen Kapitel-Deckblätter, die bewusst den sozialistischem Realismus zitieren und den Aufbruch in die neue Zeit wirkungsvoll parodieren.

    Fazit: „ Brüsel“ von Schuiten und Peeters ist ein großartiges Album, dem es mit erstaunlicher Leichtigkeit gelingt, Kunst und Comic zu verbinden. „Die geheimnisvollen Städte“ schaffen es in diesem Schlüsselband, das Augenmerk gekonnt und höchst kunstvoll auf Architektur und Stadtplanung zu richten, ohne dass dieser Diskurs im leeren Raum stattfinden würde. Die Geschichte macht Architektur lebendig und erzählt nicht nur eine stimmige Geschichte, sondern zeigt wie wichtig die ständige Auseinandersetzung mit dem Lebensraum Stadt ist. „Brüsel“ ist allerdings nicht nur für Architekten empfehlenswert. Ein Meilenstein des graphischen Erzählens.

    Book Rating: ★★★★★★★★★☆
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  12. #412
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    Michael Nolden bei comicblog.de über Inspektor Canardo 20 – Entspiel von Sokal:


    [...] Canardo reiht sich ein in die klassischen Vorgänger der Detektive: Sam Spade, Mike Hammer oder auch Shaft. Es gibt keine Regeln, außer sie stammen von ihm selbst. Der Erpel hat von Sokal diesen manchmal müden, manchmal gleichgültigen Blick erhalten, der schon alles gesehen hat oder gesehen zu haben glaubt. Der Trenchcoat und die Handschuhe komplettieren das klassische wie auch leicht schlampige Erscheinungsbild. Interessant ist das Augenspiel Canardos.

    Absolutes Staunen liegt nicht nur im Moment größter Überraschung darin, auch in solchen Situationen, in denen sich ihm eine Frau an den Hals wirft. Auch ein Moment größter Überraschung. Bissige Entschlossenheit findet sich besonders in einer Situation von Lebensgefahr. Sokal lässt Canardo mit entsprechender Kaltblütigkeit agieren. Nur ein toter Feind ist ein guter Feind. In solchen Momenten ist Action angesagt, da hört der Spaß auch auf. Mit breitem Strich werden die Figuren in kameragerechten Posen auf das Papier gebannt. Zeitweilig ist der Leser bis auf die Nasenspitze heran. Bei Schießereien wird gnädiger Abstand gehalten, doch ähnlich wie in Action-Filmen werden dem Leser auch hier Resultate gezeigt. Bei allem schwarzen Humor ist Canardo auch (oder trotzdem, eine Frage der Sichtweise) ein Krimi.
    Der bewusste Comic-Look, die Arbeit mit Tiercharakteren, steht nicht nur der sehr erwachsenen Handlung gegenüber. Neben der düsteren Sichtweise auf eine Gesellschaft legt Sokal auch eine große Portion Pessimismus in seine Figuren hinein. Darüber hinaus scheut er das Fabulieren: Ein Schwein ist hier nicht automatisch ein Schwein. Welcher Charakter sich hinter welchem Tier verbirgt, muss der Leser selbst herausfinden. Am Beispiel von Frau Garenni wird deutlich, dass nicht hinter jedem Hasen auch automatisch ein Hasenfuß steht.
    Dunkel, düster, Canardo: Das Comic-Universum des privaten Ermittlers bringt manchmal einen guten Charakter hervor. Grund genug für Canardo für diesen ins Feld zu ziehen. Etwas härter, etwas krimilastiger als bisherige Geschichten.
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  13. #413
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    Frank Wochatz bei tagesspiegel.de über Brüsel von Benoît Peeters und François Schuiten:


    Gegen den Größenwahn: Die neu aufgelegte Science-Fiction-Erzählung von Schuiten und Peeters spielt in einer Parallelversion der europäischen Hauptstadt und ist eine kritische Abrechnung mit dem modernen Städtebau.

    Es ist keine besonders sympathische Welt, die Schuiten und Peeters da entwerfen, und die phantastischen Bücher gehören nicht gerade in die Kategorie der Wohlfühlfantasie. Seltsame, mitunter surreale Dinge gehen dort vor.

    [...] „Brüsel“ ist ein Trip in die Vergangenheit, eine Science Fiction, die während des Wandels der Kunst und Kultur zur Moderne entstanden sein könnte, und die wahre Geschichte der realen Stadt Brüssel vorweg nimmt. Das Buch und die Zeichnungen sind von einer seltenen Aura umgeben, die man sonst nur beim Stöbern in sehr alten Büchern spürt. Durchbrochen sind die altmodisch gezeichneten Kapitel von ganzeitigen Illustrationen, die im Stil von Propaganda- oder Werbeplakaten gezeichnet sind. Da gibt es auch für grafisch interessierte Leser viel zu entdecken. Druck und Verarbeitung des Bandes sind sehr gut gelungen. [...]
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    Geändert von Philipp Schreiber (14.05.2012 um 17:25 Uhr) Grund: Tippfehler

  14. #414
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    Ulrike Dansauer bei geisterspiegel.de über Sky Hawk von Jiro Taniguchi:




    [...] Wie von Jiro Taniguchi nicht anders gewohnt sind seine realistisch angelegten Zeichnungen sehr detailreich. Oder anders ausgedrückt: Jedes Panel ist ein kleines Kunstwerk. Taniguchi hat sich mit diesem Manga einen Traum erfüllt: Samurai und Indianer zusammenzubringen. Dabei benutzt er historische Fakten und Personen wie Crazy Horse oder Leutnant Colonel George Armstrong Custer. Dabei ist er ein wenig über das Ziel hinausgeschossen: Er schiebt den Indianern zu sehr die Tugenden der Samurai unter. Dafür erzählt er die Geschichte des Wilden Westens aus der Perspektive der Japaner und Indianer, was man zum Beispiel von alten Wildwest-Filmen eher nicht kennt: Dort sind die Weißen die Guten, die Indianer die Bösen und die Asiaten höchstens für die Wäsche zuständig.

    Fazit: Insgesamt wieder ein sehr guter Manga.
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  15. #415
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    Janwillem Dubil bei der-albrecht.de über Ein philosophisch pornografischer Sommer von Jimmy Beaulieu:


    
Wertung: ★★★★
    [...] Pornografisch ist hier hingegen wenig bis gar nichts, erotisch durchaus so einiges. Vor allem aber gelingt es Autor Jimmy Beaulieu interessante und vielschichtige Figuren zu entwerfen, wie man sie im Comic nur selten vorfindet. Kongenial auch die optische Umsetzung in schlichtem aber nie naivem Zeichenstil, der unaufdringlich aber effektiv zur Charakterisierung der Protagonisten beiträgt. Hätte Beaulieu diese Ausdrucksstärke noch etwas mehr fokussiert und nicht auf eine bisweilen unübersichtliche Vielzahl von Figuren verteilt, wäre „Ein philosophisch pornographischer Sommer“ ein wahres Meisterwerk geworden. Die „Süddeutsche Zeitung“ dürfte Beaulieu für ihre nächste Edition garantiert trotzdem längst auf dem Zettel haben.
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  16. #416
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    Stefan Meduna bei highlightzone.de über Nestor Burma – Wer einmal auf dem Friedhof liegt… von Léo Malet und Emmanuel Moynot:


    [...] Nach "Die lange Nacht von St. Germain des Prés" und "Bilder bluten nicht" ist dies bereits der dritte Fall des "Detektivs, der das Geheimnis KO schlägt“ aus der Feder von Emmanuel Moynot. Zwar benutzt Moynot das Charakterdesign seines Vorgängers Jacques Tardi, hat aber längst seinen eigenen markanten Stil gefunden. Waren Tardis Burma-Stories von dessen markanten SW-Effekten geprägt (sein Versuch, mit “Blei in den Knochen“ Farbe in Burmas Fälle zu bringen, konnte mich nicht so recht überzeugen) so gewinnen Moynots Zeichnungen durch die warmen Farben von L. Yérathel eine ungemein stimmige Atmosphäre, die den Leser ins Paris der 50er Jahre versetzt. Eine Karte des 17. Pariser Arondissements und ein redaktioneller Beitrag runden eine schlichtweg perfekte deutsche Ausgabe ab.
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  17. #417
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    Heiner Lünstedt bei highlightzone.de über Sky Hawk von Jiro Taniguchi:


    Der mit dem Samurai tanzt

    [...] Doch auf eine seltsame Weise wirkt Taniguchis Western-Ansatz auch ganz schön “deutsch“. Während in “Frankobelgien“ fast immer US-Amerikaner die Comichelden sind, schickt Taniguchi zwei Samurais in den Wilden Westen. Diese sind genau wie Karl Mays sächsischer Old Shatterhand die besseren Westmänner, da sie sich mit den Indianern anfreunden und diese nicht wie die bösen Weißen ausrotten wollen. Ähnlich wie in einem ostdeutschen DEFA-Indianerfilm sind nahezu alle innerhalb der Geschichte auftretenden US-Amerikaner abgrundtief böse und hinterhältig.

    Doch Klischees gehören schließlich zum Western und auch daher ist “Sky Hawk“ eine sehr spannende und interessante Variation altbekannter Motive.
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  18. #418
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    Nico Steckelberg bei der-hoerspiegel.de über Ein philosophisch pornografischer Sommer von Jimmy Beaulieu:


    Der Titel von Jimmy Beaulieus Graphic Novel „Ein philosophisch pornographischer Sommer“ klingt ein wenig anrüchig, gleichsam jedoch auch intellektuell ansprechend. Und genauso ist es auch.

    Die Bilder sind sehr straight. Sexualität in ihren verschiedenen Facetten spielt eine große Rolle in diesem Comic, allerdings ohne dass sie sich zu ernst nimmt. Sie wird als wichtiger Bestandteil des Lebens dargestellt. Teilweise als sein Mittelpunkt. Hauptsächlich jedoch als ein Medium zwischen Menschen.

    Der philosophische Teil der Geschichte besteht darin, dass die Beziehungsstrukturen der Charaktere oft auf einem gemeinsamen kulturellen Interesse basieren – Kinofilme, Bücher, Fotografie, Theater. Und die Darstellung von Beziehungsgeflechten ist die zentrale Geschichte. Es gibt nicht wirklich viel Handlung, aber man vermisst sie auch nicht wirklich. Die verschiedenen Personen und ihre oft sexuellen Abenteuer sind interessant genug um gut zu unterhalten.

    Der Inhalt ist sehr erwachsen, die Zeichnungen dafür vergleichsweise verspielt. Diese Mischung ist recht reizvoll. Vor allem die immer wieder leicht wechselnde Art der Strichführung und Colorierung bietet ordentlich Abwechslungsreichtum.

    Mir hat’s gut gefallen.


    Hörspiegel-Skala: (von 10 erreichbaren Punkten)

    Story/Inhalt:

    7,0
    Atmosphäre:

    9,0
    Zeichnungen:

    9,0
    Kolorierung:

    8,0
    Gesamtwertung:

    8,3
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  19. #419
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    Axel Bussmer bei kriminalakte.wordpress.com über Shutter Island von Dennis Lehane und Christian De Metter:


    [...]Als Dennis Lehane vor zehn Jahren „Shutter Island“ schrieb, war er bei Krimifans als Autor der Patrick-Kenzie/Angela-Gennaro-Privatdetektivkrimis bereits ein bekannter Name und mit seinem ersten Einzelwerk „Mystic River“ festigte er seinen Ruf als exzellenter Krimiautor. Er hätte also locker ein zweites „Mystic River“ schreiben können. Aber er machte eine Kehrtwende und schrieb einen leicht pulpigen, in den fünfziger Jahren spielenden Thriller, der unbekümmert Verschwörungstheorien mit Fünfziger-Jahre-Paranoia und Horroratmosphäre mischt und einen wirklich überraschenden Schluss hat.

    Christian De Metter folgte Lehanes Geschichte genau bis zur überraschenden Pointe; – jedenfalls wenn man noch nicht den Roman gelesen oder die Verfilmung gesehen hat. Beim Lesen seiner fast vollständig in Schwarz-Weiß-Zeichnungen gehaltenen Graphic Novel fällt auf, wie präzise Lehane falsche Spuren legte und, wenn man sie richtig deutete, Hinweise auf die Lösung gab. In der Verfilmung wird dagegen mit dem Holzhammer gearbeitet.

    Insofern lohnt sich De Metters Version von „Shutter Island“ für die Lehane-Fans als werktreue, aber auch eigenständige Interpretation des Romans. Und wer zuerst den Comic gelesen hat, sollte trotzdem auch den Roman lesen.
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  20. #420
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    Christian Neubert bei titel-magazin.de über Tod eines Blauwals von Emmanuel Moynot:


    30.05.2012

    [...] Aufgeblähte Egos, gestrandet in sich selbst

    Tod eines Blauwals liest sich wie ein Krimi in bester Noir-Tradition. Nur: Es handelt sich um keinen Krimi. Nach und nach wird zwar eine intensive Spannung aufgebaut, aber diese resultiert nicht aus einer detektivischen Ermittlungsarbeit oder einer Verschwörung, sondern aus dem verworrenen Geflecht, das die einzelnen Handlungsträger miteinander verbindet – man rechnet ständig damit, dass es zwischen den egozentrischen und selbstverliebten Protagonisten irgendwann knallt. Alle haben ihre Abgründe und ordentlich Dreck am Stecken; überall lauern offene Rechnungen darauf, endlich eingelöst zu werden. Anlässe für ein gewaltvolles Eskalieren gibt es zuhauf, obwohl die Lebensläufe der einzelnen Figuren, so anmaßend und durchtrieben sie auch sind, im Grunde nur kleine Bosheiten kennen. Aber, wie es eben immer so ist: Es ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – und die Dosis macht das Gift.

Natürlich liegt der Eindruck, man habe es bei dem Comic mit einem Vertreter der Gattung des Crime Noir zu tun, an den Bildern, mit denen Moynot seine Geschichte illustriert. Die realistisch gehaltenen Tuschezeichnungen kommen vorwiegend ziemlich dunkel daher, und farbliche Akzente schleichen sich eher selten – und dann sehr effektvoll – zwischen die Graustufen. Auch das Spiel mit Licht und Schatten nährt den Anschein des Krimihaften.
    Geschickt erzählt und schön umgesetzt
    Doch die Spannung wächst auch aus der szenischen Inszenierung des Comics. Mal wird allesl präzise und minutiös geschildert, mal vergehen Tage und Wochen zwischen den einzelnen Panels. Moynot setzt die Tempiwechsel geschickt ein. Was sich darüber hinaus als ein besonderer Kniff entpuppt, ist das Installieren von drei Erzählinstanzen, die das Geschilderte für den Leser kommentieren. Bei diesen handelt es sich um die Hauptfigur selbst, um dessen Lektorin (und Geliebte) Bertrande und um einen außenstehenden, auktorialen Erzähler, der nicht sehr viel preisgeben will, aber dafür umso mehr auf Suggestion setzt. Die Multiperspektivität, die sich dadurch für den Leser auftut, trägt viel zur Spannung des an sich eher unaufregenden Comics bei.
    Moynots Kunstgriff bei Tod eines Blauwals liegt also darin, auf Suspense zu setzen, obwohl seiner Geschichte keine Krimihandlung zugrunde liegt. Vielmehr ist es das überzogene Selbstverständnis der literarischen Boheme, die sich aufgrund der Rücksichtslosigkeit, die hierbei unweigerlich mitschwingt, zu einem Schrecken ohne Ende steigert, der unbedingt nach einem Ende voller Schrecken verlangt. Aber ob und wie es zum blutigen Finale kommt sei hier nicht verraten. Es sei nur so viel gesagt: Ein reinigendes Fegefeuer, das die persönlichen Konflikte lösen könnte, gönnt Moynot seinen Protagonisten nicht. Dem Leser hingegen gewährt er einen spannenden, kurzweiligen Comic, den Schreiber & Leser gut und gerne in seiner noir-Reihe hätte unterbringen können. Aber im sogenannten Nachtprogramm des Verlags ist er natürlich auch gut aufgehoben.
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  21. #421
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    Christian Endres bei tagesspiegel.de über Las Rosas von Anthony Pastor:


    Rosengarten in der Wüste

    Obwohl seine Graphic Novel „Las Rosas“ 2011 beim Comic-Festival im französischen Angoulême in die Endrunde gelangte, provoziert das Artwork von Anthony Pastor nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Lässt man sich allerdings vom melodischen Titel und der hübschen Filmplakat-Hommage auf dem Cover des mehr als 300 Seiten starken Comic-Romans anlocken, merkt man recht schnell, dass die Panel und vor allem Gesichter des Franzosen vielleicht nicht immer todschick oder gar von formvollendeter Eleganz sind - dafür sind die Graustufen-Bilder sehr effizient, wenn es darum geht, die Stimmungen und Dramen in der abgeschiedenen kleinen Welt des Trailerparks am staubigen Highway mitten durch die Wüste einzufangen.
    Gute Männer, schlechte Männer. Sheriff Flecha ist ein guter Mann. Er hat Übergewicht, trinkt zu viel und zögert, seiner Liebe Ausdruck zu verleihen, doch es gibt Schlimmere. Deshalb bringt er die junge Rosa, die von ihrem gewalttätigen Dealer-Freund, dem sie zu allem Überfluss auch noch Stoff geklaut hat, schwanger ist, aus der großen Stadt raus aufs Land und hier nach Las Rosas, eine trockene, verschworene Wohnwagen-Enklave um eine Tankstelle für Fernfahrer, in der nur Frauen und ein paar Kinder leben. Eine Kommune, die Frauen Schutz bietet, die vor gewalttätigen Männern fliehen.
    Rosa, Stadtkind durch und durch, hasst das alles vom ersten Augenblick an, und wie könnte sie auch nicht? Vergewaltigt. Schwanger. Auf der Flucht. An diesem Ort gefangen, der in der Nacht noch schlimmer und öder ist als am Tag, ein Gefängnis mitten in der Wüste. Um sich von ihrem Elend abzulenken, macht die unangepasste junge Frau sich mit viel Neugierde und wenig Skrupel daran, einem der großen Geheimnisse von Las Rosas nachzugehen: Was hat es wirklich mit Angel auf sich, dem verlorenen Sohn des Örtchens, der just aus dem Gefängnis entlassen wurde und jeden Tag in die Stadt zurückkommen kann? Und wird er wirklich seinen verhassten Vater umbringen, der voller Anspannung um Las Rosas herum die Wüste mit seinem Sportwagen durchstreift und auf den Showdown und die Bestrafung seiner Sünden wartet? [...]
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  22. #422
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    Franz Birkenhauer bei sf-magazin.de über Wie hungrige Wölfe von Baku Yumemakura und Jiro Taniguchi:



    Im Kosmos um Veranstalter, Profis und Amateure im japanischen Wrestling reduziert Mangaka Jiro Taniguchi letztendlich kunstvoll auf die Tragik um Kämpfer 'Tanba' und sein Schicksalsband mit einem Kontrahenten.

    [...] Aus dem Selbsthass heraus, weil er Freund 'Saito' nicht retten konnte, entwickelt sich Tanba zum Dojo Yaburi; das heißt, er gehört keinem professionellen Verband an, sondern stolpert in Kampfschulen, um erst Schüler und am Ende nach Möglichkeit den Sensei herauszufordern. Während dieser Zeit der Ungestümtheit, verliert er ein einziges Mal: gegen einen Schrank von Mann namens 'Kajiwara'.
    Tanba bringt mit seinem provokativen Auftreten eine Reihe von Regionalverbänden gegen sich auf, und Taniguchi nutzt diese Querelen, um liebevoll gezeichnete Nebenfiguren einzuführen und die Spannung zu erhöhen. Man gerät leicht in Rage in diesen Kreisen ... Doch im Endeffekt arbeitet alles auf die ambivalente Kerngeschichte im Buch hin. Tanba ist ein Charakter, der zwischen Zerstörungswille und Selbstzerstörung pendelt. In Kajiwara findet er sein Spiegelbild. Beide einsame Wölfe. Und da sie gleich in ihrer Art sind, müssten sie sich eigentlich lieben. Tun sie auch in gewisser Weise, zumindest als gegenseitige Achtung und im Erkennen der Unausweichlichkeit innerhalb ihres verknüpften Schicksals. So ist eine der schönsten Sequenzen im Buch, wenn sich sechs Jahre nach ihrem ersten Kampf die beiden in Ruhe (vor dem Sturm) wiederbegegnen und zusammen an einer Mole entlangschlendern - mit wenigen, aber aufschlussreichen Worten, jeder seinen Gedanken nachhängend.
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  23. #423
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    Martin Compart bei martincompart.wordpress.com über Scarface von Armitage Trail und Christian De Metter:


    [...] De Metter taucht sein Chicago der 1930er Jahre in dunkle, grünlastige Pastelltöne und schafft so eine düstere Atmosphäre, die dem Sujet entspricht. Seine Panels sind deutlich an der Filmsprache des klassischen Gangsterfilms orientiert, ein Kaleidoskop der geradezu archetypischen Bilder des Genres.

    SCARFACE wurde bereits mehrfach im Medium Comic behandelt: 2006 waren bei IDW in den USA fünf Hefte eines SCARFACE-Comics von John Laymon erschienen, der sich auf Brian dePalmas Film bezog. Danach gab es noch eine eindrucksvolle Version, DEVIL IN DISGUISE, von Joshua Jabqua und Alberto Dose, die ein Prequel zum Film von 1983 darstellte. Drehbuchautor David Ayer, der die grandiosen Neo-Noirs TRAINING DAY (fast eine Blaupause für die TV-Serie THE SHIELD) und DARK BLUE (mit James Ellroy im credit, obwohl von ihm kaum etwas in den Film kam) schrieb, arbeitet an einem neuen SCARFACE-Film. [...]
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  24. #424
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    Michael Nolden bei comicblog.de über Saat des Schreckens / Weiße Vögel sterben leise / Der weiße Cadillac von Sokal:


    Wer hätte gedacht, dass ein Schlächter wie Rasputin einst unter die Knute einer Menschenfrau geraten würde, unnachgiebiger und gnadenloser als er selbst. [...] Traurig und böse. Lässt Sokal mit Saat des Schreckens, der ersten Geschichte in diesem Sammelband, noch einen traurigen Unterton mitschwingen, sind die beiden folgenden Abenteuer von Canardo, betitelt mit Weiße Vögel sterben leise und Der weiße Cadillac, mit schwärzestem Humor erzählt.

    [...] Über eine Hommage an die Schwarze Serie Hollywoods ist er hier weit hinaus, denn gerade in der zweiten und dritten Episode des vorliegenden Sammelbandes werden der Wahnsinn totalitärer Regime und Krieg zu beherrschenden Themen. [...]
    Sokal zeichnet in diesen drei Abenteuern bereits wesentlich genauer, geradliniger, kaum noch skizzenhaft präsentiert er seine tierischen Figuren mit spitzer Feder und gibt insbesondere tragischen Gestalten ein besonderes Format und optische Schwere. Das Spiel mit den Anspielungen, den Symbolen liegt Sokal ganz einfach. So wirkt zum Beispiel Der weiße Cadillac wie ein außerirdisches Fahrzeug, pompös, immer fehl am Platz, ein Stück fahrende Zivilisation und Kultur, die dem vom Krieg erschütterten Land in jeder Sekunde mehr abgeht.
    Diesem titelgebenden Fahrzeug widmet Sokal eine spezielle Aufmerksamkeit, stellt er es doch gerne kontrastreich in Positur, vor einen kahlen Wohnblock oder einen uralten Traktor. Und er lässt Canardo schließlich auch merken, welches Zeichen er damit in seiner Umgebung setzt. Vielleicht kleben ihm am Ende auch zu viele schlechte Erinnerungen an diesem Wagen.
    Drei sehr feine Erzählungen, insbesondere mit den beiden letzten Episoden des vorliegenden Sammelbandes, immer noch mit schwarzem Humor, aber auch sehr melancholisch und einem Canardo, der (man muss ihn nicht in jeder Situation mögen) auch hinter das Geschehen zurücktreten kann. Intensiv, manchmal bedrückend.
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  25. #425
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    Felix Giesa bei satt.org über Wie hungrige Wölfe von Baku Yumemakura und Jiro Taniguchi:


    Mann gegen Mann

    [...] Wie hungrige Wölfe ist ein Karate-Wrestling-Manga der besonders harten Variante. [...] Im direkten Anschluss zu Taniguchis Durchbruch mit Botchan no jidai Ende der 1980er Jahre legt der Zeichner hier einen in seiner Perfektion der Kampfszenen außergewöhnlichen Manga vor.

    Dabei lebt die Geschichte von den zahlreichen Motiven insbesondere aus Filmen und anderen Manga. Erschien die Romanvorlage 1985 erkennt man eindeutige Zitate aus Karate Kid aber auch insbesondere aus Rocky III. Sowohl spielen bei Rocky III Wrestler und Schaukämpfe eine wichtige Rolle als auch die Abhängigkeit der Kämpfer von ihren Managern. In Wie hungrige Wölfe findet gerade letzteres Motiv seinen Ausdruck in dem Umstand, dass Tanba und Kajiwara sich ‚privat‘ zur Prügelei treffen, da ihnen ein offizieller Kampf nicht zugestanden wird. Zugleich erscheint der Roman auf dem Höhepunkt des Erfolges des amerikanischen Pro-Wrestling mit dem Durchbruch der WWF. Auch in Japan scheint damit ein Zeitenwechsel einhergegangen zu sein, was Taniguchi in einer der ersten Kampfszenen umsetzt, wenn er dort seinen ‚Wolf‘ gegen einen Karate-Meister antreten lässt und die gesamte Stimmung und Seitenkomposition an den Samurai-Epos schlechthin erinnert: Kazuo Koikes und Goseki Kojimas Kozure Ōkami aus den 1970er Jahren. Der (kampf)stilsichere Meister wird vom Wildfang aus der Gosse schlicht verdroschen. Und das ist keineswegs ästhetisch überzeichnet, der Kampf Mann gegen Mann nichts Schönes. Zähne bersten, Knochen brechen, Blut und Erbrochenes sind Bestandteil jedes der zahlreichen Kämpfe. Der Titel ist mit seiner Drastik sicherlich als Vorläufer für solch herausragende Karate-Serien wie Shamo zu betrachten, die sich in der Wahl ihrer stilistischen Mittel weit von effekterhaschenden Titeln entfernen und auf eine authentische Darstellung des Kampfgeschehens verlegen.

    Durch die zahlreichen historischen Anspielungen droht der Band Kind seiner Zeit zu bleiben, doch ist dafür die Charakterzeichnung der Figuren und ihrer Umgebung zu oberflächlich. Die gesamte Handlung fällt darauf zurück, einen Mann im Kampf mit sich selbst zu zeigen. Denn Kajiwara mag für Tanba der Antrieb für sein persönliches Stählen sein, doch als das Rematch da ist, fühlt Tanba, dass der Grund, weiterzumachen, schon längst verflogen ist. Er kämpft im finalen Match nur mehr gegen sich selbst und erkennt sich dabei im anderen. Das mag einer extremen Männlichkeitsbespiegelung gleichkommen, ist aber ein starkes Stück Karateunterhaltung.
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