Zu Deinem ersten Punkt:
Sicher, die Filmindustrie ist heute wesentlich besser als früher dazu in der Lage, das Phantastische realer darzustellen (toller Widerspruch, nicht wahr?). Sogar im Fernsehen sieht man schon bessere Effekte als im Kino noch vor zehn Jahren denkbar gewesen wären. Aber das ist es nicht alleine.
Es ist, schlicht und ergreifend, die sinkende Zahl von Lesern generell, also auch Lesern des nicht mit Bildern verzierten Wortes. Ich schätze sogar, daß Du heute ein Kind eher dazu kriegst, Comics zu lesen, als ein Buch anzufassen (igitt); die Heerscharen von Manga-Fans beweisen das.
Der Grund dafür liegt mE nicht nur in den perfekten Kino- & TV-Welten, sondern ganz klar in der immer perfekteren Simulation des Abenteuers am heimatlichen Monitor. Ist ja auch logisch, früher folgten die Menschen lesend den spannenden Abenteuern eines Helden, heute können sie selbst, die Hand an der Maus, großartige Geschichten erleben. Das IST zweifelsohne sehr spannend und übt die entsprechende Faszination aus. Damit will ich den Reiz eines Buches oder Comics natürlich nicht herabsetzen, aber die meisten Menschen empfinden das eben so.
Der Computer WIRD das Unterhaltungsmedium des 21.Jahrhunderts sein, daran kann kein Buch der Welt etwas ändern. Klar gibt es Ausnahmen wie Harry Potter, die einfach so gut sind (wobei auch das wieder eine Geschmacksfrage ist), daß man nicht wirklich daran vorbeileben kann, aber die Grundtendenz ist deutlich zu erkennen.
Zu Punkt 2:
Natürlich werden auch heute noch brisante Themen von Comics und natürlich auch Büchern aufgegriffen, aber Deine Theorie stimmt, so könnte ich es mir vorstellen, insofern, als daß die Welt "damals" noch eine andere war. Sie erschien einfacher, weitaus weniger komplex, und gerade für die Amis war das Leben im Prinzip doch recht sorgenfrei, bis die Bombe kam und alles, was damit zusammenhing. Da sah sich der Mensch plötzlich mit etwas konfrontiert, daß er nicht mehr alleine lösen konnte, also brauchte es Superhelden, die das für ihn tun konnten.
Heute weiß man, daß die Welt wesentlich komplexer ist, und Comics wie Watchmen haben sicherlich dazu beigetragen, den Superhelden-Mythos zu entmystifizieren - selbst Superhelden werden mit den Problemen der heutigen Zeit nicht mehr fertig. Die Helden von einst kämpfen längst gegen die gleichen Probleme wie wir - und versagen ebenso, wie es der Mann von der Straße tut. Die Frage ist berechtigt: Was ist daran noch spannend oder unterhaltsam?
Fazit:
Für mich haben Comics nie ihren Reiz verloren. Das liegt aber an etwas anderem, nämlich dem persönlichen Interesse an hervorragenden Geschichten. Mir ist egal, wie sie präsentiert werden, ob im Kino oder TV, als Buch oder Comic, im Rollenspiel oder eben auch als PC-Spiel. Ich muß nicht immer selber der Held sein, ich folge auch gerne den Erlebnissen anderer, und meine Phantasie reicht dafür aus. Vielen anderen, vor allem jungen Menschen geht das nicht so. Ihnen fehlt mE auch die Phantasie, weil die überbordenden Probleme der Globalisierung ihnen jeden Platz dafür rauben. Ereignisse wie der 11.September blockieren das eigene Denken, und wenn sich Comics des Themas annehmen, ist das doch nur eine Kapitulation vor der Tatsache, daß das wirkliche Leben heute LEIDER viel, viel spannender geworden ist als ausgedachte Probleme abgehalfteter Superhelden.
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