Die Sprechblase 248

Dez. 2023
€ 11,90
48. Jahrgang
Nr. 248


INHALT
3 Vorwort, Abos, Impressum
4 Heinz-Wolf-Comic
6 Das FIX-UND-FOXI-Duell
Kauka gegen Neugebauer
14 Neugebauers zwei Leben
16 Die Affäre MAX + MOLLY
18 Neugebauers TARZAN-Parodie
HARRY MAGAZIN: 27 Rezensionen
36 News, 42 Generation Lehning
46 ZACK Edition, 48 Zauberstern<
50 Bastei Freunde 53 Bocola News
54 Interview: Lizenzgeber Rebellion
56 Florian Julino: Nachruf u. Comicbuch
58 FIX und FOXI: Der Reuss-Reprint
60 BATMAN-Zeichner Kelley Jones
68 A. Brauns Buch "Staying West"
69 Eddy Paapes MARC DACIER
70 A. Brauns Buch "Katzenjammer"
73 Österr. Comiczeichner-Offensive
76 "Uganda" von Ronald Putzker
77 "Tomorrow" v. Michaela Konrad
80 "Meuterei auf der Bounty":
Was wirklich geschah
87 Artikel und Comic:
BLUT AUF DER PRÄRIE (Teil 2)
96 Bela Sobottkes ROCCO
97 Leserbriefe


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Stefan Schlüter
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    Political Correctness – pro und contra

    Zu Gerhards lesenswerten Kommentar über den neuen Generationenkonflikt:

    Ja, es ist auch ein Generationenkonflikt, das steckt schon in dem Begriff vom alten weißen Mann. Und wenn es nur das wäre, wäre es o.k. Dass Kinder es besser machen wollen als die Elterngeneration, ist prinzipiell positiv, selbst wenn die Botschaft mit rotznäsiger Arroganz gefunkt wird. Wir wussten auch alles besser.

    Doch in dem weiß liegt eine zusätzliche Dimension, die zeigt, dass es um mehr geht. Und hier scheint mir etwas völlig aus dem Ruder zu laufen.

    Dass die USA, Kanada und GB schon etwas entrückter sind als wir, sollte uns nicht beruhigen. Der große Shitstorm gegen Fatina Keilani, die im Tagesspiegel beklagte, dass Antirassismus für manche zum lukrativen Geschäftsmodell geworden ist, dessen Aufrechterhaltung sie zwänge, alles als rassistisch umzuinterpretieren, ist noch nicht verklungen.
    Selbst Kollegen forderten, sie für diese Ketzerei zu entlassen.

    Gegen Rassismus zu sein, ist zweifelsohne eine ehrenwerte Haltung, so wie es ehrenhaft ist, gegen soziale Ungerechtigkeit einzutreten.
    Wie wir alle wissen, hat der Kampf gegen soziale Ungerechtigkeiten aber auch die Sowjetunion und die Volksrepublik China hervorgebracht. Und wir wissen ebenso, dass diejenigen, die die hehren Absichten der diversen Zentralkomitees anzweifelten, als verdammte Reaktionäre gebrandmarkt wurden, die man gerne erschoss wie tollwütige Hunde. Jede Ideologie hat halt ihre eigene Inquisition.
    Das heißt: wenn man spürt, dass der Fanatismus eine im Grunde gute Idee zu pervertieren beginnt, sollte man verdammt nochmal auf der Hut sein. Und wenn man die nationale wie internationale Presse durchstöbert, findet man jeden Tag mehrere Beispiele für solcherlei Perversion.
    Spätestens dann schwant einem, dass dies kein Generationenkonflikt mehr ist, sondern ein Kulturkampf.

    Hier eine aktuelle Nachricht aus San Francisco, die – so irre sie ist – in gewisser Hinsicht nicht einmal zu den schlimmsten Aktionen der neuen Jakobiner zählt.
    Zumindest versammelt sich hier kein Twittermob, um dafür zu sorgen, dass ein Autor keinen Verlag, ein Schauspieler kein Engagement, ein Wissenschaftler keinen Forschungsauftrag mehr bekommt, also um jemandem seine wirtschaftliche Lebensgrundlage zu nehmen.
    Aber das Beispiel verdeutlicht, welcher Wahnsinn derzeit grassiert. Es zeigt wie Erinnerungs- bzw. Würdigungskultur mit geradezu unverfrorener Selbstverständlichkeit ausgelöscht werden soll.
    So hat die Schulbehörde von San Francisco vor ein paar Tagen angekündigt, 44 Schulen umzubenennen.
    Getilgt werden sollen Namen wie Abraham Lincoln, George Washington, Thomas Jefferson, Theodor Roosevelt, Robert Louis Stevenson (ja, der Autor der Schatzinsel!), Paul Revere oder auch Dianne Feinstein.

    Die Vorwürfe gegen die Genannten reichen von Sklavenbesitz bis zur Ausbeutung von Arbeitern, von der Unterdrückung von Frauen, Kindern oder queeren Personen bis zur rassistischen Bemerkung.

    Wie ich weiter unten zeigen werde, begründet die Schulbehörde ihre Vorwürfe manchmal etwas, sagen wir es nett: speziell.
    Der Autor des verlinkten Artikels vermeldet, dass das daran läge, dass die Behörde ihre Entscheidungen nach ein bisschen Googeln und Wiki-Gucken gefällt hat. Historiker wurden nicht gefragt. Die hätten wohl auch was von geschichtlichem Kontext gefaselt und der war ganz sicher nicht erwünscht.

    Über amerikanische Präsidenten habe ich mich schon an anderer Stelle ausgelassen. Dass die linksidentitären Schwachköpfe konsequenterweise den Mount Rushmore in die Luft jagen müssten, wenn der Anblick von Jefferson und Washington so unerträglich wäre, wie sie behaupten und so weiter.
    Hier nur so viel: Ganz sicher werden es Fanatiker nie kapieren, aber es kommt nicht nur darauf an, wem man ein Denkmal setzt oder nach wem man eine Schule benennt, sondern auch, warum.
    Einem Dieb sollte man kein Denkmal setzen, aber wenn er irgendwann einmal unter Einsatz seines Lebens Dutzende Menschen rettet und man will ihm auf diese Weise Dankbarkeit zeigen, dann gerne doch!
    Abraham Lincoln mag viele Entscheidungen getroffen haben, die den Indianern geschadet haben, so der Vorwurf, aber darin war er – leider – ein Kind seiner Zeit.
    Dafür ist er aber auch nicht gewürdigt worden.
    In der Sklavenfrage hingegen ist er aus dem Korsett seiner Zeit ausgebrochen. Das ist sein Verdienst. Dafür wurden ihm Denkmäler gesetzt oder Schulen nach ihm benannt.
    Wer dies aberkennt, ist schlicht nicht bereit, diese Leistung zu würdigen. Als wäre es nichts. Als wäre es nicht eine der wichtigsten Grundlagen dafür, dass heute in Amerika antirassistisch gedacht werden kann.
    Absurd und völlig geschichtsvergessen!

    Drei besonders abenteuerliche Beispiele für Namensgeber, die sich durch Gedankenverbrechen und Artverwandtes schuldig gemacht haben sollen, lohnen ob der außergewöhnlich dummen Begründung ihrer Verurteilung einer näheren Betrachtung:

    Robert Louis Stevenson

    wird gecancelt, weil er in einem Gedicht das Wort Japanee statt Japanese für Japaner benutzt hat.
    Blöderweise hätte sich Japanese in seinem Gedicht nicht gereimt, so hat er getan, was viele Leute seiner Zunft zu tun pflegen, ähem, improvisiert.
    Das absurde hier ist, dass Japanee kein im Englischen gebräuchliches Schimpfwort für Japaner ist. Irgendjemand in der Behörde hat das Wort nur als irgendwie abwertend klingend empfunden.
    Ein vermeintlich falscher Buchstabe und sie hauen sein umfangreiches literarisches Ouevre - das dadurch offensichtlich nur völlig entwertet werden kann - in die Tonne.
    Kein Witz, so was kann man sich nicht ausdenken!

    Dianne Feinstein

    ist nicht etwa – der Verdacht könnte angesichts ihrer Kritiker aufkommen – eine flintenschwingende Republikanerin. Sie ist Demokratin, hat sich gegen die Waffenlobby und die Todesstrafe eingesetzt.
    Außerdem die erste Frau, die den Posten des Bürgermeisters von San Francisco innehatte.
    Was könnte unseren Robespierres an ihr also nicht gefallen?
    Antwort: Sie hat während ihrer Amtszeit für die Sanierung eines Hauses gestimmt, in dem Chinesen und Philippinos wohnten.

    Auch wenn die Entscheidung falsch gewesen sein sollte (mir fehlt das Hintergrundwissen, dies zu ermessen), dürfte mit dieser Begründung absolut nichts mehr (nicht nur Schulen, auch Straßen, Flugplätze, Stadien usw.) nach einem Entscheidungsträger (nicht nur Politiker) benannt werden.
    Weil es schlicht keinen Entscheidungsträger gibt, dessen Entscheidungen immer richtig waren und nie den Falschen geschadet hätten. Das ist absolut weltfremd.
    Überhaupt kommt man ins Grübeln, warum San Francisco noch San Francisco heißen darf. Ich bin mir sicher, dass Franz von Assisi, heilig oder nicht, irgendwann einen Fehler in seinem Leben begangen haben muss.

    Selbst die El Dorado-Grundschule bleibt nicht vom Furor der Säuberer verschont.
    Barks-Fans wissen dass El Dorado eine mythische Figur ist, dessen Körper mit Goldstaub überzogen wurde (endlich habe ich einen Comic-Zusammenhang hergestellt ).
    Was könnte wohl an ihm auszusetzen sein?
    Nun, die Schulbehörde schlussfolgert, dass der Name der Schule Kindern suggerieren könnte, "das Konzept der Goldgier" sei erstrebenswert.

    Muss man sich auch auf der Zunge zergehen lassen.
    Hier wird unterstellt, dass ein Schüler unter dem Einfluss des Namens El Dorado-Schule gieriger werden kann als ein Schüler einer neutral benannten Schule. Ich nenne das magisches Denken.
    Noch einmal: das ist die Ansicht einer Schulbehörde! In einer gerechten Welt würden solche ungebildeten Quacksalber fristlos entlassen.
    Zur Info: Ich bin auf eine Albert-Schweitzer-Schule gegangen, aber mich hat es weder zum Arztberuf, noch nach Lambarene (der Ort seines Wirkens) gezogen.
    Nie.
    Wieso hat die magische Kraft des Schulnamens nicht auf mich gewirkt?

    Fun Fact:
    die Malcolm X-Schule wird nicht umbenannt.
    X habe zwar als ehemaliger Zuhälter Frauen unterdrückt, seine Schuld sei aber durch sein Engagement für die gute Sache getilgt (dass er militant war, ist offenbar nebensächlich).
    Möglicherweise würde eine gründlichere Recherche dieser Ignoranten ergeben, dass er noch anderen Dreck am Stecken hatte.
    Ich denke da (erneut kein Witz!) an seine Annäherung an den Ku-Klux-Klan (wurde im Malxom X-Film ausgespart).
    Glaubt Ihr nicht?
    Doch.

    Aber was bin ich so kleinlich. Der Ku-Klux-Klan ist dann wohl doch nicht so schlimm wie ein Japanee?

    Alle Menschen sind gleich. Manche sind gleicher.

    Der Kommentator im Atlantic schreibt, die Linksidentitären entsprächen mittlerweile genau der Karikatur, die Fox News und Trump immer von ihnen gezeichnet hätten. Tja, was wohl bedeutet, dass es keine Karikaturen mehr sind (ich meine: nie waren).

    Ich habe immer mehr das Gefühl, in einem Orwell-Roman zu leben.

    Im Ministerium für Wahrheit wurde die Vergangenheit auch ständig umgeschrieben.

    Ich hatte 1984 allerdings noch als Warnung gelesen, heute verstehen das einige als Anleitung.

    Das Thema, lieber Gerhard, werden wir nicht so schnell los.

    Hier die neuste Nachricht aus dem Irrenhaus.
    Eure Steuergelder bei der Arbeit!
    Geändert von felix da cat (04.02.2021 um 19:26 Uhr)

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