Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen? [Bewertung + Review]

[Jovis]

James Bond-Filme leben von ihren Schwächen, und leider haben sie mit der Zeit dabei die Grenze zur Peinlichkeit überschritten. Die Stories werden schlechter (haben aber doch immer das Potential, ganz plötzlich überraschend gut zu sein), die Gadgets richtig doof. Moralisch nicht zu retten und im großen und ganzen zu repetitiv.

Doch geben wir's zu:

James Bond - Casino Royal, der erste Bond mit Daniel Craig, ist ein richtig guter Film. Erst mal ist es überhaupt ein Film und keine Gag-Show. Es ist ein Thriller der richtig thrillt! Sogar weh tut. Spaß macht. Der Anklänge an die anderen Bonds hat, zum Beispiel mit dem Notfalldefibrilator-Set im Handschuh-Fach. Aber keine Hovercraft-Gondeln oder gar unsichtbare Autos. Das erste Mal gucken bringt einen so richtig auf den Geschmack. Und es ist endlich mal einigermaßen eine Romanverfilmung!

Die eigentliche Schwäche des Films ist es dann auch leider, dass er zu gut ist. Bond-Filme leben von ihren Schwächen. Und dieser hier hat zu wenige davon. Und genau nach der überraschend spannenden Defibrilatorgeschichte (ungefähr knapp über der Hälfte der Laufzeit) hat der Film nur noch Sachen in petto, die ich eigentlich nicht zwingend nochmal gucken müsste. Er verschiesst sein Pulver. Erstes Mal gucken ist natürlich der Hammer, trotz oder für manche auch wegen der Hodenfolterung, aber wenn man das und dann die Venedigszene kennt, dann muss man das nicht nochmal sehen. Und das ist leider das Problem.

Im Doppelpack mit dem Woody Allen/Peter Sellers Casino Royal allerdings ist das nochmal was anderes! Ein ebenfalls stark kritisierter und drehbuchmäßig misslungener Film, der aber in meinen Augen einen ungeheuren Schauwert hat und stark unterbewertet ist. Ein Film in dem wir Orson Welles in einer Rolle sehen, die im Craig-Bond von Mads Mikkelsen gespielt wurde. Mit Peter Sellers und David Niven als Bond! Beide Filme zusammen, das kann was! Und zuerst den Craig!

[Diskomo]

Unvergessen und unvergesslich die grandiose Sexszene mit Sellers und Andress.

[Jovis]

[Örtliche Bücherei]

Welche Sexszene???

[Örtliche Bücherei]

...und, was noch wichtiger zu wissen wäre, warum hast du Jovis uns nichts davon erzählt? Du Schlingel, du!

[Jovis]

Naja, das habe ich für selbstverständlich gehalten. In gewisser Hinsicht ist es auch ein Woody Allen-Film und Woody Allen-Filme bestehen aus Sex-Szenen. Nur manchmal - so auch hier - sind die Sex-Szenen eher... uhm... abstrakt. Viel spektakulärer finde ich die Autoverfolgungsszene mit den Blondinen und im Beobachtungslabor der gegnerischen Organisation wird diese Verfolgungsjagd en detail nachgestellt mit Spielzeugautos. Das ist so abgefahren. Das schlägt jede Sex-Szene. Apropos Sex-Szene: in der Sex-Szene kommt Peter Sellers in Naziuniform. Wenn die da NICHT drin ist, hat man leider nur die gekürzte Fassung erwischt.

[Diskomo]

Nee, die Uniform ist bei mir dabei. Die Sache mit den "Spielzeugautos" hat ja auch wieder was von Captain Scarlet und Thunderbirds.
Dann wieder das expressionistische Berlin mit vorweggenommenem Mauerfall, Bernard Cribbins als Taxifahrer und später Darth Vader als Frankensteins Monster.
Herr-lisch!

[Jovis]

Genau, das auch noch alles. Und natürlich der totale Gaststar-Overkill am Ende, von Belmondo zu Peter O'Toole.

[Jovis]

James Bond - Ein Quantum Trost

Es ist sagenhaft. Mit nur 106 Minuten einer der kürzesten Bonds und der einzige der genau da anfängt, wo der letzte aufhörte. Und der ganze Film behauptet tatsächlich durchweg, eine Fortsetzung zu sein, ein Mittelstück zwischen Casino und Skyfall. Und das ist ein Betrug. Das Bindeglied zur Spectre-Story ist hauchdünn. Geradezu herbeigezaubert und es spielt auch keine Rolle. Aber der Mann, der die Story um das Haus in der Wüste erfand war offenbar einflussreich genug, dass man ihn gewähren liess.

Und so braucht der Film 1 Stunde, um sich aus den Fesseln der Casino-Storyline zu befreien, die Hälfte davon ist pures von A nach B kommen, immerhin entlang an einer kurzen aber sehr coolen Theaterszene, die man aber dann wiederum auch schon besser gesehen hat. Schließlich ist so viel Zeit schon weg, nämlich insgesamt schon 90 Minuten, in denen man mindestens 2x noch völlig den Überblick verliert, worum es eigentlich überhaupt geht, so dass man dann nach Erreichen von B, dem Haus in der Wüste, eigentlich nur noch Zeit übrig hat, um von dort heil wieder wegzukommen. Für einen Bondfilm ist das eine echte Gurke. Tja, und das war's dann auch schon. Irgendwo in Spectre hat man noch ein Foto des Bösewichts als Spectre-Angehörigen reingepfuscht, damit man doch noch irgendwie behaupten kann, dass der gesamte Craig-Run eine fortlaufende Geschichte ist. Klar, warum nicht? Aber besser wird er davon nicht.

Ich glaube dass dieser der inhaltlich allerschlechteste Bondfilm ever ist. (Und es gab vorher schon sehr schlechte!) Einfach weil er gar nichts ist. Er hat keine richtige Story, er ist nur vorgeblich Teil eines größeren Etwas, wird aber von diesem größeren Etwas gar nicht gebraucht. Der Bösewicht sieht aus wie Roman Polanski und auch das kann man als Symbol für den ganzen Film betrachten. Es ist einfach keine Fortsetzung, es ist nichts Eigenständiges und es ist nicht mit Roman Polanski. (Und wenn, wär's auch egal gewesen. ) So Recht ist dieser Film eigentlich gar nichts. Und das ist, was ihn noch schlechter macht als selbst Octopussy oder For Your Eyes Only. als Die Welt ist nicht genug und Stirb an einem anderen Tag: er ist auch überhaupt nicht unterhaltsam.

[frank1960]

Genau, das auch noch alles. Und natürlich der totale Gaststar-Overkill am Ende, von Belmondo zu Peter O'Toole.

Das Beste an diesem Werk habt ihr nicht erwähnt: Die grandiosen Musik von Bacharach sowie die superbe Trompete von Alpert.

[Diskomo]

Dann muss man aber auch die Title-sequence erwähnen. Die schon verrät, dass für das Ende gilt: Obacht- Alle tot!
Aber ernsthaft: Das interessiert doch Freund Örtli nicht.

[Jovis]

Das Beste an diesem Werk habt ihr nicht erwähnt: Die grandiosen Musik von Bacharach sowie die superbe Trompete von Alpert.

Es kann ja hier auch nicht darum gehen, das Beste oder gar alles zu erzählen.

[frank1960]

Nun ja, mit geschlossenen Augen ist der Film zu ertragen. Synchronsprecher eingeschlossen. Ich glaub, der großartige Manfred Schott spricht Sellers.

[franque]

Und grandios natürlich "The Look Of Love" von Dusty Springfield.

NB: QOS ist für mich mit Abstand der beste Craig-Bond. Wenn nicht der einzige gute.

[Jovis]

Echt? Das erstaunt mich, macht mich aber auch neugierig. Da du ja auch ein Freund von recht abgehobenen Arthouse-Filmen bist, hast du womöglich einen Blick auf QOS, der mir bislang verwehrt blieb?

Der einzig gute Craig... tja, das ist aber ne super Ausgangsbasis für eine Diskussion. Ich finde auch, dass alle Craig-Filme große Schwächen haben, dass aber Casino Royal wie oben beschrieben, bei mir am Besten wegkommt. Aber es werden auch wirklich heftige Fehler gemacht. In QOS wie beschrieben. Dann ist eine der besten Szenen in Casino, wenn Eva Green im Zug per Psychogramm seine Jugendheimvergangenheit deduziert, was geradezu perfekt den Charakter James Bond definiert ohne viel Worte zu machen, und dann kommen sie in Skyfall mit einer intensiven Familienvergangenheit samt Vater, Diener und Anwesen aus der Höhle. Da war dann natürlich Eva Greens Psychogramm vom Winde verweht. (sic! ) Schließlich folgt der 'Bruder' und damit hat das arme Heimkind mehr Familie als selbst der amerikanische Traum verkraften kann. Der Craig-Run wurde geradezu in Grund und Boden verkitscht. Was sehr schade ist, denn ich war eigentlich von Javier Bardem begeistert in den ersten zwei Dritteln von Skyfall (später nicht mehr) und die Aussicht auf Lea Seydoux hatte mich in Entzücken versetzt, aber leider haben sie beide Filme, Spectre und NTTD, ganz schön in den Sand gesetzt.

Meine Meinung, allerdings muss ich dazu sagen, dass ich seit einigen Jahren geradezu unfähig bin, US-Filme wirklich zu beurteilen, weil ich es nur noch mit Mühe schaffe, einen zu Ende zu gucken. Die Bond-Filme habe ich alle immerhin mehrfach gesehen, während kein MCU-Film nach Endgame es länger als 15 Minuten maximal auf meinem Fernseher geschafft hat. Das amerikanische Kino ist in meinen Augen tot. Ich war unglaublich entsetzt über Dune 1 und werde dem zweiten Teil erstmal keine Chance geben, nachdem ja immer schon die interessanten Ereignisse in der ersten Hälfte vorkommen. Und der Pathos war schon in Teil 1 nicht zu ertragen.

Letztes EDIT: Ich glaube, weshalb ich die Craig-Bonds doch mehrfach gucken kann, liegt daran, dass die in der ersten Hälfte jeweils noch ganz gut sind, was ich zumindest vom MCU nicht mehr sagen kann. Casino Royal verliert nach dem Pokerspiel den Reiz, Skyfall hält sich sehr lange, eben bis zum Familienanwesen der Bonds, ab da kann ich nur noch abwinken. Und Spectre und NTTD hatten auch jeweils in der ersten Hälfte Stärken. Der gesamte Run wird im Grunde vor allem durch die zweiten Hälften und - in meinen Augen - durch QOS ruiniert.

[Örtliche Bücherei]

Dann muss man aber auch die Title-sequence erwähnen. Die schon verrät, dass für das Ende gilt: Obacht- Alle tot!
Aber ernsthaft: Das interessiert doch Freund Örtli nicht.

Doch doch, das interessiert mich schon.

Wobei ich hier explizit erwähnen muss, dass eigentlich alle Filme dieser Reihe ausnahmslos extrem gute und - vor allem - ins Gedächtnis „prägnierende“ Musik enthalten.

[Jovis]

Wobei aber der Peter Sellers-Casino Royal nicht Teil der Reihe ist.

[Örtliche Bücherei]

Nein, die fehlt sogar in der DVD Multi Box.


Dennoch, für mich selber zähle ich sie dazu. Ganz klar.
Ist individuell.

[Örtliche Bücherei]

Möge sich bitte jemand erbarmen und dem unwissenden Öffi mitteilen was QOS bedeutet (Beitrag #3840 ).
Danke im Voraus.

[frank1960]

"Q ordert Steaks."
Für die Sommerfeier der 00-Geheimagents.

[franque]

Quantum Of Solace
Kurz, knackig, geradlinig, relativ harte Action ohne Klamauk (wie in dem furchtbaren "SPECTRE"), Gemma Arterton, ungewöhnliches Setting für das Finale, eher so eine knochentrockene Härte und Schnörkellosigkeit wie bei "Licence To Kill", den ich besser als alle Craigs finde. Ebenso relativ short and to the point ist auch "Tomorrow Never Dies", für mich der beste (und eigentlich einzige brauchbare) Brosnan.

Ansonsten sind mir alle Bonds vor Brosnan und Craig lieber als deren zu amerikanisierten Ergüsse (sprich, wird viel zuviel Hollywood-Mainstream und zu wenig exzentrisch).

[Örtliche Bücherei]

Ät franque
Thanks.

Bin mit dir einer Meinung zu Bond und dem üblichen US-Mainstream. Ausnahme: Brosnan finde ich wirklich absolut super als Agent 007. Muss nichts bedeuten, da mir als Gelegenheitsbanause sogar der George Lazenby recht gut gefiel. Der Schauspieler konnte für das miese Drehbuch nichts.

[Jovis]

Da sind wir uns ja aber tatsächlich grundsätzlich einig. Tomorrow never dies finde ich auch den einzig akzeptablen Brosnan und alle vor Brosnan mag ich mehr. Licence to kill finde ich auch besser als alle Brosnans und Craigs und Hauch des Todes genauso. Wobei mein Lieblingsbond der Lazenby-Film ist. Da finde ich aber auch den Roman am Besten. (Wobei ich immer noch drauf warte, dass der "Spion der mich liebte", die Romanfassung, mal endlich verfilmt wird.) Wir sind uns nur bei QOS uneins. Aber da kann man ja mit leben.

Örtliche: Ich habe ebenfalls den Peter Sellers und den Sag niemals nie in meine Bluray-Komplettbox einsortiert und mir zu dem Zweck dann Skyfall und die Sonderdisc aussortiert und mir eine 2-Disc-Hülle von Skyfall gekauft für beide Discs. Ordnung muss sein.

[frank1960]

Wenn wenigsten die goldische Schnucklerin Stephanie Zimbalist Moneypenny gegeben hätte. Da wär mir in Erinnerung geblieben. So sind die Brosnans für mich irgendwie nur undurchdringlicher Nebel ohne dass etwas sich eingebrannt hat.

[Jovis]

Ät franque
Thanks.

Bin mit dir einer Meinung zu Bond und dem üblichen US-Mainstream. Ausnahme: Brosnan finde ich wirklich absolut super als Agent 007. Muss nichts bedeuten, da mir als Gelegenheitsbanause sogar der George Lazenby recht gut gefiel. Der Schauspieler konnte für das miese Drehbuch nichts.

Welches miese Drehbuch? Siehe oben: Geheimdienst ist mein Lieblingsbond. Wobei das Buch noch mehr eye to eye-Szenen zwischen Blofeld und Bond hat und auch den Roman zu meinen Lieblingsbonds macht.