Eine Insel sein
Bestimmt ein Wessi!“, pflegte meine Freundin Susa zu sagen, wenn einer im Auto vor uns über die Straße kroch. Da war ’89 schon längst passiert, doch wir lebten das Inselgefühl noch eine Weile weiter. Im Laufe der Jahre ist unsere Insel dann untergegangen oder das Meer drumherum ist ausgetrocknet, so genau lässt sich das nicht sagen. Zumindest kann ich mir inzwischen vorstellen, eines Tages in Hamburg zu leben, und Weihnachten werde ich dieses Jahr ins Allgäu fahren.
Nun ist es so, dass Explorationsbestrebungen stets Bindungsverhalten aktivieren, nachzulesen ist das bei der Psychologin Mary Ainsworth: Ein Kind, das die ersten Schritte in einen fremden Raum hinein tut, dreht sich dabei ständig zur Mutter um und geht nur so lange weiter, wie es ihre wohltuende Silhouette sehen kann. Ich habe mich erkundigt: Vom Allgäu aus konnte man das Rathaus Schöneberg bislang selbst bei vorzüglicher Witterung nicht ausmachen, seit dieser Auskunft hoffe ich auf eine Gedächtniskirche aus Plüsch, zum Kuscheln und Mit-ins-Bett-Nehmen zu Weihnachten. Wenigstens hat mir meine Freundin Sophia letzte Woche bereits einen Abend im alten Inselzeichen geschenkt, bei Fil im Mehringhoftheater. Fil, Zeichner der „Didi & Stulle“-Comics und Kabarettist, ist Westberlin zum Niederknien.
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http://www.tagesspiegel.de/kultur/Ta...art135,2427504