Was genau zwischen Vic und Stella passiert, bleibt offen ... oder besser: Es muss offen bleiben. Schließlich ist, wie Du ja bereits festgestellt hast, Gaimans „Aufhänger“ als Erzähler die Schwierigkeit zwar geschlechtsreifer, aber noch nicht erwachsener Menschen in einem bestimmten Alter [hier: Jungs ist den Jahren, in denen vom Geburtsdatum her gleichaltrige Mädels ihnen in allem ein paar Jahre „voraus“ zu sein scheinen], die bei einigen zu die Persönlichkeit dauerhaft prägenden Erfahrungen führen kann. [In meiner Jugend wurde ernsthaft darüber diskutiert, ob die gemischtgeschlechtlichen Schulklassen möglicherweise mit dafür verantwortlich sind, dass so viele spätere Männer einen Minderwertigkeitskomplex entwickeln, der aus ihnen zwanghafte „Eroberer“, „Gierlappen“, „Kapitalisten“ macht (oder wie auch immer Personen, die ihren Drang nach einem „schneller“, „höher“, „weiter“, „mehr“ ungebremst ausleben, nun benannt werden).]
Irgend etwas geht im oberen Stockwerk schief. Das ist die Aussage, die Gaiman wichtig ist. Und was genau passiert ist, bleibt Gegenstand der Spekulation ... ja, muss IMHO Gegenstand der Spekulation bleiben, damit möglichst viele Leserinnen und Leser an dieser Stelle mit eigenen Erfahrungen „andocken“ können.
Wer davon ausgeht, dass es sich bei Vic, Enn und den Mädels um junge Menschen handelt, die nicht zusammenfinden können [und für die alles andere folglich bloße Metaphern für ein postpubertäres Gefühlschaos sind], hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
Entweder wollte Vic Stella an die Wäsche, obwohl sie nur „reden“ wollte [und sie hat ihm die Meinung gegeigt, ihn rausgeworfen und öffentlich bloßgestellt, was für Vic eine neue, peinliche Erfahrung ist] ... oder Stella wollte den Sex und Vic hat, allem Macho-Gehabe zum Trotz, wie es heute so schön umschreibend heißt, „nicht performt“, wofür er sich den Zorn einer Enttäuschten zugezogen hat.
Kaine hat in seiner YouTube-Besprechung des Titels eine dritte Möglichkeit vorgeschlagen – dass es Vic nämlich wie dem lyrischen Ich in dem Kinks-Titel „Lola“ ergangen sei und er unter Stellas Rock nicht das Erwartete vorgefunden hat.
Dasselbe wäre natürlich auch umgekehrt möglich ... schließlich wissen wir nicht, ob Vic wirklich ein Schwanzträger ist.
Für diejenigen aber, die davon ausgehen, dass es sich bei den Mädels nicht um menschliche Wesen handelt, sondern um außerirdische „Sporen“ auf Datensuche, für die bietet die Erzählung eine schier unerschöpfliche Fülle an Hinweisen an, was mit den Aliens möglicherweise alles nicht stimmt: Von ihrer unvollkommenen Beherrschung der menschlichen Kommunikation angefangen, über körperliche Defekte bis hin zu einer möglichen Fehlinterpretation dessen, wozu Menschen Gedichte oder Sex haben [um von der menschlichen Unfähigkeit oder Unwilligkeit zu schweigen, sich einen Weltuntergang vorstellen zu können – den eigenen inbegriffen].
Näheres dazu wirst Du, wie gesagt, in meinem ausführlichen Anmerkungsapparat am Ende der Dantes-Version von Wie man auf Partys Mädels anspricht finden.