Independent Verlage + Independent Preise
Nachdem das Thema ICOM Independent Preis auf comicgate.de in einem Beitrag in der Rückschau auf Erlangen aufgeworfen wurde, besteht hier ja vielleicht auch ein Interesse an einer Diskussion?
Zitat:
Ein Kritikpunkt ist auf jeden Fall nicht von der Hand zu weisen: Wenn Verlage wie Reprodukt und avant sowohl beim ICOM Independent-Comic-Preis als auch beim Max-und-Moritz-Preis (siehe M) mit Nominierungen vertreten sind, muss man die Frage stellen, wofür denn eigentlich das "Independent" noch steht bzw. wo sich diese Verlage mittlerweile selbst verorten.
Die Frage, was "Independent" im Zusammenhang mit der Preisverleihung für den ICOM bedeutet, muss natürlich der Verband selbst beantworten.
Was aber Reprodukt angeht, verorte ich den Verlag eindeutig als unabhängig, und damit als Independent Verlag – jedenfalls solange wir keine Deckungsbeiträge an irgendeinen Konzern entrichten. Der Begriff "Independent" ist für mich vor allem ein ökonomisches Kriterium: Als Einzelfirma ist Reprodukt selbstbestimmt, Programmentscheidungen fällen wir auf demokratischer Basis in gemeinsamen Diskussionen, und wir sind niemandem als uns selbst Rechenschaft schuldig. Genau an diesem Punkt sehe ich eine klare Abgrenzung etwa zu Carlsen, Ehapa oder Panini.
Für deutsche Comicschaffende ist der dotierte ICOM Independent Preis eine wertvolle Unterstützung. Natürlich bekommen die Autoren, die bei Reprodukt veröffentlichen, ein Honorar, das auf 8 bis 10 Prozent des Verkaufspreises der Bücher basiert, wie allgemein üblich. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Autoren ihrem Aufwand angemessen entlohnt werden, geschweige denn, dass sie vom Comiczeichnen leben können. Dazu ist der deutsche Comic-Markt nach wie vor viel zu klein.
Um mal ein Rechenbeispiel zu bringen: Wenn ein Buch wie Mawils "Wir können ja Freunde bleiben" in einer Erstauflage von 1.500 Exemplaren zu einem Verkaufspreis von 10 EUR produziert wird, bedeutet das bei einem Autorenhonorar von 8 Prozent pro Buch, dass Mawil bei Verkauf der gesamten Auflage die ungeheure Summe von 1.200 EUR erhält. Und für diesen Betrag hat er ein ganzes Jahr an dem Buch gearbeitet (klar, mittlerweile gibt es auch eine zweite und dritte Auflage). Hoffentlich erklärt dieses Beispiel, dass sich die Zeichner hierzulande völlig zu Recht sehr über den ICOM-Preis freuen, zumal es für den Comic nichts Vergleichbares gibt, während die Kreativen in der Literatur und dem Film mit Förderungen, Stipendien und Auszeichnungen schier überschüttet werden.
Vielleicht basiert das Unverständnis aber auch auf einer schiefen Wahrnehmung des Marktes? Eine Diskussion zum Thema fände ich interessant, daher setze ich den Kommentar auch noch mal ins ICOM-Forum...
Jetzt sehe ich gerade, das wurde vor 10 Jahren schon mal diskutiert: http://www.comicforum.de/showthread.php?t=10653
Aber vielleicht gibt es ja heutzutage neue Gesichtspunkte?